Stadtteil Strehlen
Vom mittelalterlichen Dorf zum vornehmen Villenviertel
Stadtteil auf einen Blick
Urkundliche Ersterwähnung: 1288 als "Strowelin" (altsorbisch: Ort des Strovela)
Eingemeindung nach Dresden: 1892
Lage: Südöstlich der Innenstadt, zwischen Bürgerwiese und Koitschgraben
Besonderheiten: Jugendstil-Christuskirche, historischer Dorfkern, Villenviertel, Palucca-Schule
Geschichte: 700 Jahre Strehlen
Mittelalterliche Ursprünge
Die Strehlener Flur erstreckt sich von der Bürgerwiese bis zum Koitschgraben und bestand einst aus zwei Teilen:
Herrenflur (Vorwerksflur)
Auf dem Frankenberg gelegen
Bauernflur
"Vor dem Steine": Zwischen Altstrehlen und Bürgerwiese
"Hinter dem Steine": An der Reicker Straße
Woher kommt "der Stein"?
Mit "Stein" ist der zutage tretende Plänerkalkstein gemeint, der später auch in Steinbrüchen abgebaut und in einem hier betriebenen Kalkofen gebrannt wurde. Auf der "Stein"-Höhe steht heute die Christuskirche. Die zur Kirche führende Elsa-Brändström-Straße hieß früher "Auf dem Berge".
Klösterliche Verwaltung
Aus alten Urkunden ist bekannt, dass in Strehlen erwirtschaftete Zinsen auch an das Meißner Lorenzhospital flossen. Der größte Teil von Strehlen wurde ab 1307 von dem seit 1288 bestehenden, zum Kloster Altzella gehörenden Klosterhof Leubnitz verwaltet.
Um 1312 erwarb das Kloster auch die Hälfte des Strehlener Vorwerks. Nach der Reformation (1539) übte der Dresdner Rat die Gerichtsbarkeit in den ehemaligen Klosterhof-Ländereien aus.
Wichtige Meilensteine
- 1288: Erste urkundliche Erwähnung als "Strowelin"
- Ab 1307: Verwaltung durch Klosterhof Leubnitz (Kloster Altzella)
- Ab 1550: Dresdner Bürger erwerben Land auf der Strehlener Flur
- 1676: Abtretung von 60 ha für den Großen Garten
- Ab Mitte 19. Jh.: Entwicklung zum vornehmen Villenviertel
- 1892: Eingemeindung nach Dresden
- 1899: Bebauungsplan tritt in Kraft (Freihaltung von größeren gewerblichen Anlagen)
- 1902-1905: Bau der Christuskirche im Jugendstil
Der historische Dorfkern
Zum großen Dorfkern Strehlens gehören neben Altstrehlen auch die Kreischaer Straße und die Anfänge der Dohnaer und der Mockritzer Straße. Hier blieben einige große Vier- und Dreiseithöfe mit alten Torbögen und Pforten erhalten.
Auf dem ehemaligen, vom Kaitzbach durchflossenen Dorfanger sind heute Kleingartenanlagen zu finden. Wegen der häufigen Überschwemmungen im Kaitzbachgelände baute man einen Flutkanal bis zur Lingnerallee.
Vom Dorf zum Villenviertel
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Strehlen zu einem vornehmen Villenviertel. Anders als im Schweizer Viertel oder an der Bürgerwiese überstanden hier die Parkanlagen und einige Villen (z.B. an der Tiergartenstraße) die Bombenangriffe im Februar 1945.
Auch an der Parkstraße, der Wiener Straße und im Bereich Wasaplatz blieben Häuser aus den Jahren 1870 bis 1900 erhalten.
Königliche Villa & Sächsische Landesregierung
Am früheren Standort des "Roten Hauses", eines Forsthauses mit Schenke, entstand um 1900 die Königliche Villa.
- In der NS-Zeit: Sächsische Militärverwaltung
- 1945-1952: Sitz der Sächsischen Landesregierung
- Danach: Militärakademie
Bildung & Kultur
Technische Universität Dresden
Im Jahr 1910 bezog das Lehrerseminar Neubauten an der Teplitzer Straße 16. In den Jahren 1923 bis 1935 war hier das Pädagogische Institut untergebracht, danach die Hochschule für Lehrerbildung.
Bei den Bombenangriffen im Februar 1945 erlitten die Gebäude schwere Schäden. Nach dem Wiederaufbau (geleitet von Heinrich Rettig) sind hier heute Institute der Technischen Universität eingerichtet.
Palucca-Schule: Weltruhm durch Ausdruckstanz
Die im Jahr 1925 gegründete Dresdner Schule für künstlerischen Tanz erlangte durch Tänzerinnen wie Mary Wigman und Gret Palucca weltweite Berühmtheit.
1939: Schließung durch die Nationalsozialisten
1945: Wiedereröffnung in neuem Schulgebäude am Basteiplatz
Herbst 2004: Moderner Erweiterungsbau (Architektenbüro Storch, Ehlers & Partner, Hannover)
Christuskirche Strehlen
Eines der bedeutendsten Werke des deutschen Jugendstils
Kurzinformation
Bauzeit: 1902-1905
Architekten: Rudolf Schilling und Julius Gräbner
Baustil: Jugendstil (ohne historisierende Anklänge)
Besonderheit: Eine der ersten Kirchen Deutschlands nach Aufhebung des Eisenacher Regulativs (1861-1894), das Gotik oder Romanik vorschrieb
Doppelturm: 66 m hoch, ab halber Höhe freistehend
Website: www.christuskirche-dresden.de
Die von Rudolf Schilling und Julius Gräbner zwischen 1902 und 1905 errichtete Christuskirche zeigt sich ganz modern im Jugendstil – ohne Anklänge an historische oder Neostile wie Neobarock, Neorenaissance, Neogotik oder Neoromanik.
Sie gehört zu den ersten Kirchenneubauten Deutschlands dieser Art seit dem Wegfall des zwischen 1861 und 1894 für evangelische Kirchenbauten geltenden Eisenacher Regulativs, das die Baustile Gotik oder Romanik vorschrieb. Die durch ihren hohen Doppelturm geprägte Kirche zählt zu den bedeutendsten Werken des späten, zum Monumentalen strebenden deutschen Jugendstils.
Architektur & Gestaltung
Äußere Gestaltung
- Material: Sandstein
- Grundform: Kubischer Mittelbau mit seitlichen Raumerweiterungen
- Fenster: Große Glasflächen, gegliedert durch Pilaster und Bänder
- Skulpturenschmuck: Reich mit Engelsköpfen als Pilaster-Abschluss
- Doppelturm: 66 m hoch, an der Nordseite, etwa ab halber Höhe freistehend
- Östlicher Turm: Kirchuhr
- Westlicher Turm: Altes Strehlener Wappen (zwei gekreuzte Kornähren)
- Verbindung durch Galerie mit gewaltigem Bogen
- Im Bogen: Steinernes Kreuz mit Inschrift "Das Wort vom Kreuz / göttliche Kraft und göttliche Weisheit"
- Kopfskulpturen "Paulus" und "Luther"
Besondere Elemente
- Nordseite: Terrasse über Brunnenanlage (vier schmiedeeiserne Kandelaber, Bronzestatue "Christus in Gethsemane" von Friedrich Hecht)
- Westfront: Flankiert von zwei niedrigen Treppentürmen mit kuppelartigem Abschluss
- Haupteingang: Zweiflügeliges Bronzeportal, flankiert von Engelsgestalten im Halbrelief
- Über dem Portal: Inschrift "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit."
- Christus-Skulptur: Segnender Christus in goldmosaikausgekleideter Nische mit vier Säulen
Künstler
- Figürliche Arbeiten: Peter Pöppelmann (Dresdner Bildhauer)
- Plastische Dekoration: Karl Gross (1869-1934)
- Wand- und Deckenbilder (verloren 1945): Otto Gussmann
Kriegsschäden & Wiederaufbau
Bei den englisch-amerikanischen Bombenangriffen im Februar 1945 wurde die Kirche beschädigt. Der Wiederaufbau bis 1954 erfolgte außen originalgetreu, innen dagegen vereinfacht.
Wesentliche Teile der wertvollen Jugendstil-Innenausstattung gingen verloren, auch die Wand- und Deckenbilder des bedeutenden Jugendstil-Malers Otto Gussmann. Der Altar steht in einer Chornische, Emporen fehlen.
Kirchgemeindehaus
Neben der Christuskirche steht ein im Jahr 1937 errichtetes, mit einem zierlichen Dachreiter geschmücktes Kirchgemeindehaus, dessen Saal für Vorträge und andere Veranstaltungen genutzt wird.
Strehlen heute
Die in den 1920er und 1930er Jahren im Bereich der Teplitzer und der Lockwitzer Straße errichteten Wohnblocks und Kleinhaussiedlungen überstanden den Krieg ohne größere Schäden und prägen noch heute das Stadtbild.
Strehlen hat seinen Charakter als ruhiger Wohnstadtteil mit historischen Wurzeln bewahrt und vereint mittelalterliche Dorfstrukturen mit vornehmer Villenarchitektur des 19. Jahrhunderts und modernen Bildungseinrichtungen.
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