Landeshauptstadt Dresden
Görlitz & Umland
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Aus der Görlitzer Stadtgeschichte

Archäologische Funde im Stadtgebiet beweisen dessen Besiedlung in der Jungsteinzeit (Schnurkeramikzeit, 2300-1800 v.Chr.), in der mittleren Bronzezeit (1300-1100 v.Chr.; Funde von Brandbestattungen) und in der spätrömischen Kaiserzeit (150-375 u.Z.; Funde römischer Kupfer- und Bronzemünzen). Mit Schwerpunkt im Nikolaiviertel und der östlichen Altstadt (Neißeviertel) wurde viel Keramik aus der slawischen Zeit (ca. 600-1100 u.Z.) geborgen, was auf eine slawische Siedlung als Vorgänger der mittelalterlichen Stadt hinweist. Aus der Zeit vor 1100 stammt der im Jahr 1881 im Pontekanal geborgene Fund von eintausend Sachsenpfennigen.

Zu den westslawischen (sorbischen) Stämmen, die im 6. und 7. Jahrhundert aus Osteuropa in das sächsische und südbrandenburgische Gebiet vordrangen, gehörte auch der sich südlich und westlich von Görlitz ansiedelnde Stamm der Besunzane (der Name ist noch umstritten, vielleicht geht der Name des Stadtteils Biesnitz auf ihn zurück). Auf die slawischen Rodungen verweist der Name von Görlitz, der soviel wie Brandrodungsstelle bedeutet.

Nachdem Markgraf Gero von Meißen in den 960er Jahren mit der Unterwerfung der Stämme der Milzener, Lusitzi und Besunzane begonnen hatte, entwickelte sich das Oberlausitzer Gebiet zu einem ständigen Konfliktherd zwischen Böhmen, Polen und dem Heiligen Römischen Reich. Die Chronik des Thietmar von Merseburg spricht unter anderem von der Belagerung einer urbem magnam businc, bei der es sich um eine große Wallanlage auf der Landeskrone bei Görlitz gehandelt haben könnte.

Im Jahr 1071 findet in einer in Goslar ausgestellten Urkunde des Kaisers Heinrich IV. erstmals ein Ort Gorelic (villa Gorelic, von altsorbisch zgores = ausbrennen, Brandrodung) Erwähnung (anlässlich der Übereignung von acht Hufen königlichen Landes im Gau Milsca an das Domkapitel zu Meißen, vielleicht in Form von acht Gutshöfen im Bereich der oberen und unteren Brandgasse, seit 1937 Wallstraße genannt). Der Ort lag an einer Neißefurt, an der sich zwei bedeutende Handelsrouten trafen, die Hohe Straße (Erfurt-Bautzen-Görlitz-Breslau, zur Zeit des Heiligen Römischen Reiches Via regia genannt, zugleich Jakobsweg) und die Böhmische Straße (Ostsee-Prag), über die ein bedeutender Teil des Handelsverkehrs zwischen Thüringen, Sachsen, Schlesien und Polen sowie zwischen dem Ostseeraum (Hanse-Gebiet), Brandenburg, Böhmen und Ungarn lief. Die Via Regia führte aber wohl zunächst nicht zum Gebiet Altstadtbrücke, sondern durch die Lunitzniederung zu einer nördlich davon gelegenen Furt.

Die um 1100 (also nicht lange nach der deutschen Eroberung der sorbischen Siedlungsgebiete) gebaute, später Nikolaus von Myra (dem Schutzpatron der Kaufleute) geweihte und nun St. Nikolai genannte Kirche gehörte zunächst zur Parochie der Wenzelskirche in Jauernick. In ihrem Umfeld (auf dem Gebiet der späteren Nikolaivorstadt) entstand etwa in der Mitte des 12. Jahrhunderts eine Kaufmannssiedlung. Diese Siedlung im Lunitztal, die sich auch später noch durch eine eigenständige Straßenführung auszeichnete, lag damals verkehrsgünstig nahe des ursprünglichen Verlaufes der Via regia. Daneben gab es damals wohl noch eine sorbische Siedlung im östlichen Altstadtbereich, worauf Keramikfunde aus jener spätslawischen Zeit schließen lassen.

Anhänge der Chronik Cosmas erwähnen den Ausbau einer Burg Yzcorelik im Jahr 1126 auf Geheiß des böhmischen Königs, der die beiden Lausitzen im Jahr 1075 als Pfand und 1089 endgültig übereignet bekommen hatte. Allerdings erbrachten Grabungen auf dem Vogtshof keine Spuren einer Besiedlung dieses Areals vor dem 13. Jahrhundert, während ein böhmischer Vogt namens Florinus für das Jahr 1238 verbürgt ist (sein Vogtshof dürfte bereits an der Neiße nahe des späteren Vogtshofes gelegen haben).

Die Kaufleute zogen um 1200 aus der Siedlung im Lunitztal in das Gebiet Untermarkt um, wo sich auch fränkische und thüringische Einwanderer ansiedelten. Im Gebiet der späteren Altstadtbrücke könnte damals schon eine Neißebrücke bestanden haben, zu der die Handelsstraße Via regia nun von der Furt im Norden her verlegt wurde. Vom Landesherren verliehene Privilegien gaben den Kaufleuten mehr Rechte und bürgerliche Freiheiten, sodass sie nun selbstbewusster in der Nähe von Burg und Vogtssitz siedeln konnten. So entstand bis um 1220 eine planmäßig um den Untermarkt angelegte, bald auch befestigte Stadtsiedlung mit regelmäßigem Grundriss. Sie erstreckte sich in Nord-Süd-Richtung etwa zwischen Nikolaiturm und Elisabethstraße sowie in West-Ost-Richtung zwischen Brüderstraße und Neiße.

Der Burgberg, eine Felskuppe an der Neiße, auf der später die Peterskirche gebaut wurde, findet erstmals im Jahr 1131 Erwähnung, als auf Weisung des Herzogs Sobieslaus von Böhmen die Befestigung der Burg Yzhorelik am Neißeübergang erneuert wurde. Im Jahr 1268 entstand anstelle der Burg ein neuer Vogtshof für den Stadtvogt.

In der Stadt wuchs eine Handwerkersiedlung heran, in der sich auch zahlreiche (aus Mitteldeutschland kommende) Tuchmacher ansiedelten, wodurch sich das Gebiet um Weberstraße und "Handwerk" zu einem Tuchmacherviertel entwickelte.

Im Jahr 1234 gründeten Franziskanermönche das Franziskanerkloster zu Görlitz, was die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Stadt jener Zeit unterstreicht. Das Kloster befand sich damals, vor der Stadterweiterung, noch außerhalb der Stadt vor dem westlichen Stadttor.

Bei der Stadterweiterung nach Westen bis zum Gebiet des Reichenbacher Turmes um 1250 kam der Obermarkt zur Stadt hinzu, ein Straßenmarkt, auf dem nun vor allem landwirtschaftliche Produkte aus dem Umland verkauft wurden, während auf dem Untermarkt vor allem Tuche und städtische Waren sowie Bier gehandelt wurden.

Im Jahr 1253 gelangte das Geschlecht der Askanier in den Besitz der Oberlausitz. Unter ihnen wird im Jahr 1263 die östliche Oberlausitz als eigener Verwaltungsbezirk "Land Görlitz" vom Land Bautzen abgetrennt. Im Jahr 1268 erwarb Görlitz das Münzrecht.

Ein Görlitzer Bürgermeister erscheint erstmals im Jahr 1282 in den Urkunden. Im Jahr 1298 wird erstmals ein Stadtrat mit einem Bürgermeister, zwölf Ratsherren und vier Schöffen erwähnt. Seit 1303 ist Görlitz eine Stadt vollen Rechts - das Stadtrecht war an das Magdeburger Recht angelehnt.

Ab 1319 gehörte Görlitz zum Herzogtum Schweidnitz-Jauer, dann ab 1329 wieder zum Königreich Böhmen. Im Jahr 1330 erlangte die Stadt die niedere Gerichtsbarkeit für ihr Territorium und ihr Umland sowie das Salzstapelrecht. Im Jahr 1339 kam das Stapelrecht für Waid (ein blauer Tuchfarbstoff) hinzu, das Görlitz zu einem Zentrum des Handels mit dem v.a. in Thüringen angebauten Färberwaid machte. Im Jahr 1367 folgte das Bierbraurecht. Görlitz galt nun als bedeutendste Handelsstadt zwischen Erfurt und Breslau.

Durch ihre günstige geografische Lage zwischen West- und Ost- sowie Nord- und Südeuropa und nicht zuletzt durch ihre lange Zugehörigkeit zum Königreich Böhmen (bis 1635), die große bürgerliche Freiheiten und bedeutende Privilegien mit sich brachte, kam die unter bürgerlicher Selbstverwaltung stehende Stadt schnell zu wirtschaftlicher Stärke und Wohlstand (wovon nicht zuletzt die zahlreichen, bei Bauarbeiten im Stadtgebiet geborgenen bedeutenden Münzfunde aus dem 15. bis 17. Jahrhundert zeugen). Zu jener Zeit war Görlitz eine der größten Städte Mitteldeutschlands (nach Breslau und Erfurt). Aus wohlhabenden Kaufmannsfamilien und dem Landadel gingen Patriziergeschlechter hervor, die nun vermittels des Stadtrates die Geschicke der Stadt bestimmten. Sie erwarben außerdem einen enormen Grundbesitz im Stadtumland. Vor allem die landesherrlichen Privilegien sicherten dem Görlitzer Patriziat die wirtschaftliche Macht.

Am 21. August 1346 schlossen sich die Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Löbau, Kamenz und Lauban mit Erlaubnis des Landesherrn zum Oberlausitzer Sechsstädtebund zusammen. Er diente vor allem der Wahrung des Landfriedens im Auftrage des Landesherrn. Aus Sicht der Städte war er vor allem ein Schutzbündnis gegen den räuberischen Landadel, aber auch ein Instrument der Selbstbehauptung gegenüber dem König. Die Stadt Görlitz übte wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung neben Bautzen die führende Rolle im Städtebund aus. Der Bund erhielt bedeutende landesherrliche Privilegien und erlangte eine große Selbstständigkeit im böhmischen Lehnsverband.

Von 1377 bis zu seiner Auflösung im Jahr 1396 bestand das Herzogtum Görlitz, das König Karl IV. für seinen 7-jährigen Sohn Johann gegründet hatte. Letzterer gestattete im Jahr 1389 die Vertreibung der Juden aus Görlitz. Im Jahr 1396 zählte die Stadt ca. 8.000 Einwohner.

In den Hussitenkriegen (1420-1438) konnte Görlitz den Belagerungen der Hussiten standhalten. Im Jahr 1433 verlieh Kaiser Sigismund der Stadt Görlitz das Stadtwappen (doppelköpfiger schwarzer Reichsadler auf goldenem Grund, weißer, doppelschwänziger böhmischer Löwe auf rotem Grund, Kaiserkrone zwischen den beiden Wappenhälften) als Auszeichnung für die Dienste der Stadt im Hussitenkrieg.

Dem Stadtbrand am 30. April 1456 fielen 40 Häuser im Gebiet Nikolaigasse sowie der Vogtshof und der Nikolaiturm zum Opfer. Die Stadtmauer und ihre Bastionen wurden immer weiter ausgebaut. Um 1476 besaß die Stadtbefestigung 21 massive Türme.

Zum Hauptgewerbe der Stadtbürger gehörte - neben der Tuchmacherei, der Gerberei und der Leineweberei - der zollfreie Handel mit Waid aus Thüringen und Salz sowie mit Tuchwaren aus Schlesien. An den regen Tuchhandel, vor allem mit Ungarn und Polen, erinnern die am Untermarkt erhalten gebliebenen spätgotischen und Renaissance-Tuchhallen. Unter den Bürgermeistern jener Zeit ragte Georg Emmerich (1474 gewählt) als großer Förderer der Stadtentwicklung hervor.

An König Matthias Corvinus von Ungarn, der von 1479 bis 1490 auch über die Oberlausitz herrschte, erinnert ein steinernes Wappen oberhalb der Rathaustreppe. Im Jahr 1479 brannten das Waidhaus und das Gebäude Petersgasse 13 nach einem Blitzschlag ab, woran die Inschrift "Nil actum credas, cum quid restabit agendum 1479" am Waidhaus (heute am Giebel) erinnert. Im Jahr 1490 begann der Bau des "Großen Rondells vor dem Budissiner Tore" (das später, im Dreißigjährigen Krieg, den Namen Kaisertrutz erhielt) zum Schutz des westlichen Stadtausganges.

Im Jahr 1525 hielt mit der Reformation die lutherische Konfession in Görlitz Einzug. Wie in den anderen Städten des Sechsstädtebundes kämpften die Handwerkerzünfte auch in Görlitz energisch um das Mitspracherecht in städtischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die blockierende Haltung des um seine Vorrechte fürchtenden Patriziats provozierte heftige Unruhen und Aufstände wie z.B. den Görlitzer Tuchmacheraufstand im Jahr 1527 (s. Schild in der Verrätergasse am Obermarkt), die jedoch von der Stadtobrigkeit mit Hilfe der Stadtwache stets niedergeschlagen wurden. Im Jahr 1527 wollten die Aufständischen den Rat beim Verlassen des Rathauses um 12 Uhr überfallen. Ein Verräter stellte die Uhr auf dem "Mönch", dem Turm der Klosterkirche, jedoch vor, sodass die Verschwörer zu früh erschienen und in die Hände der Wache fielen.

Die bedeutende mittelalterliche spätgotische Architektur der Stadt fiel größtenteils dem Stadtbrand von 1525 zum Opfer. Der unter der Leitung von Ratsbaumeister Wendel Roskopf d.Ä. (1480-1549) vollzogene Wiederaufbau erfolgte im Stil der Frührenaissance. Der "Görlitzer Stil", zu dem eine besondere Fassadengestaltung mit Pilastern und Gesimsen gehört, nahm großen Einfluss auf den deutschen Frührenaissance-Städtebau. Beim Innenausbau griff man dagegen meist auf den gotischen Hallenbau schlesischer Prägung zurück, was zu einer ganz eigenen Görlitzer Innenarchitektur führte.

Vom 25. bis zum 27. Mai 1538 weilte Kaiser Ferdinand I. in Görlitz.

Im Jahr 1546 nahm Görlitz als Mitglied des Schmalkaldischen Bundes am Schmalkaldischen Krieg teil. Wegen ungenügender Unterstützung des Landesherren durch die Sechsstädte in jenem Krieg kam es zum Pönfall von 1547, bei dem die Oberlausitzer Städte als Strafe fast alle Privilegien und ihren Landbesitz an König Ferdinand I. von Böhmen verloren und hohe Strafsummen zahlen mussten. Dies brachte auch Görlitz in wirtschaftliche Schwierigkeiten, was den Stadtaufbau deutlich verlangsamte. Görlitz verlor wie andere Städte außerdem auch die hohe Gerichtsbarkeit und die freie Ratskür und wurde zu einer Krondomäne. In den darauffolgenden Jahren konnte die Stadt viele Besitzungen und Privilegien wieder zurückkaufen, doch ihre Macht verlor sie dauerhaft zugunsten des Landesherren und der Adelsgeschlechter.

Im Jahr 1563 übergab der letzte Franziskanermönch das Kloster der Stadt mit der Auflage, hier ein Gymnasium einzurichten. Das später Augustum genannte Gymnasium eröffnete 1565.

Der Görlitzer Schneider Adam Puschmann (1532-1600) wurde als Meistersänger bekannt. Diese Kunst hatte er während seiner süddeutschen Wanderungen bei Hans Sachs erlernt. Von ihm stammt auch die erste Schrift zu diesem Thema ("Gründlicher Bericht des deutschen Meistergesanges", 1571 in der Görlitzer Druckerei Fritsch gefertigt).

In Görlitz wirkten bedeutende Vertreter des Späthumanismus. Der Humanist, Astronom, Mathematiker, Mystiker und ab 1592 sechsmal in Folge gewählte Görlitzer Bürgermeister Bartholomäus Scultetus (1540-1614) gab zahlreiche wissenschaftliche Schriften und Chroniken heraus. Er pflegte Kontakte mit bedeutenden Wissenschaftlern seiner Zeit, darunter mit Johannes Kepler. Von ihm stammt auch die erste bekannte Landkarte (1593) der Oberlausitz. Weiterhin trug er maßgeblich zur Einführung des Gregorianischen Kalenders in der Oberlausitz bei.

Das philosophische/theosophische Werk des ab 1599 in Görlitz tätigen Jakob Böhme (1575-1624), von Beruf Schuhmacher, der wegen seiner dialektischen Betrachtungsweise zu den Vorläufern der klassischen deutschen Philosophie gerechnet wird, umfasst etwa 4.000 Druckseiten. Das Hauptwerk seiner auch sprachlich gehaltvollen Schriften ist "Aurora oder die Mörgenröte im Aufgang" von 1612. Im Stadtpark erinnert ein Denkmal an diesen berühmten Sohn der Stadt.

Im Jahr 1620, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), unterliegt der König von Böhmen und Markgraf der Lausitz Friedrich von der Pfalz den Kursachsen. Kurz darauf (1621) schließen die Oberlausitzer Stände einen Vergleich mit dem sächsischen Kurfürsten ab, was die Oberlausitzer Städte noch einige Jahre vom Krieg verschont. Ab 1623 hatte das Görlitzer Land dann ebenso wie die anderen Oberlausitzer Gebiete schwer unter plündernden und brandschatzenden Truppen zu leiden. Im Jahr 1623 war Görlitz Hauptquartier des böhmischen Königs Friedrich von der Pfalz. Später wurde die Stadt von kaiserlichen Truppen unter Wallenstein beschossen und am 30. Oktober 1627 geplündert, wobei viele Häuser wie auch drei Bierhöfe auf dem südlichen Obermarkt verbrannten. Die durchziehenden fremden Truppen brachten außerdem die Pest in die Stadt (etwa 5.600 Opfer). Im Jahr 1641 belagerten kaiserliche und kursächsische Truppen die zu jener Zeit von den Schweden besetzte Stadt, wobei wieder viele Gebäude der Stadt und der Vorstädte zerstört wurden. Der Stadtbrand am 26. August 1642 vernichtete fast 100 Häuser.

Im Jahr 1635 fielen die inzwischen verarmten und verschuldeten Oberlausitzer Städte infolge der Beschlüsse des Prager Friedens an Kursachsen. Die bis zum Pönfall 1547 genossene große politische und wirtschaftliche Macht und Eigenständigkeit erlangte das Oberlausitzer Städtebürgertum nicht mehr zurück. Handel und Gewerbe profitierten jedoch vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung Kursachsens, das damals zu den entwickeltsten der deutschen Länder zählte, wovon auch eine bedeutende Görlitzer Bautätigkeit in der Zeit des (Früh-) Barocks zeugt.

Dem Stadtbrand am 19. März 1691 fielen ca. 200 Häuser sowie auch große Teile der Peterskirche zum Opfer.

Durch die sächsisch-polnische Personalunion von 1697 bis 1763 (Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen - August der Starke - war zugleich König August II. von Polen, sein Sohn regierte als König August III. von Polen) belebte sich der Güter- und Personenverkehr in den bisher eher randlagigen östlichen Oberlausitzer und den schlesischen Territorien enorm. Durch die Oberlausitzer Damast- und Leineweberei erlangte im 18. Jahrhundert der Tuchhandel wieder einen hohen Stellenwert in der Stadtwirtschaft.

Im Jahr 1714 gab der Rektor des Görlitzer Gymnasiums Samuel Grosser (1664-1736) mit der Schrift "Lausitzische Merkwürdigkeiten" die erste umfassende Geschichte der Oberlausitz in deutscher Sprache heraus. Er war Mitglied der Kurfürstlich-Brandenburgischen Societät der Wissenschaften (der späteren Akademie der Wissenschaften zu Berlin).

Stadtbrände gab es am 31. Juli 1717 (ca. 400 Häuser zerstört), am 30. April 1726 (164 Häuser betroffen) und am 5. September 1759 (Hinterhäuser Brüderstr. 8, 9 und 10, die gesamte Bäckergasse und die halbe Krischelstraße zerstört).

Die Schlesischen Kriege (1740-1742 und 1744-1745) und besonders der Siebenjährige Krieg (1756-1763), der ganz Kursachsen einen politischen und wirtschaftlichen Niedergang brachte, hemmte auch die Görlitzer Stadtentwicklung für einige Zeit. In der Schlacht bei Moys am 7. September 1757 (im Siebenjährigen Krieg) fiel Hans Karl von Winterfeldt, ein von Friedrich dem Großen besonders geschätzter General.

Im Jahr 1779 gründete sich die "Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz" auf Anregung des Philanthropen Adolph Traugott von Gersdorf (1744-1807) und des Sprachwissenschaftlers und ersten deutschen Slawisten Carl Gottlob von Anton (1751-1818) (Präsident: Landesältester des Sächsischen Markgrafentums Oberlausitz Dr. jur. Benno von Nostitz-Wallwitz auf Sohland/Spree, Sekretär: Prof. Dr. Dr. R. Jecht, Bibliothekar: Studienrat a.D. Prof. Dr. Sieg, Kassierer: Pfarrer Eugen Schröter). Die Oberlausitzische Gesellschaft entwickelte sich schnell zu einem Zentrum der bürgerlichen Aufklärung in der Oberlausitz. Ihr gehörte auch Alexander von Humboldt an (er ist im Görlitzer Stadtpark mit einem Denkmal gewürdigt). Im Jahr 1951 übernahm die Städtische Kunstsammlung mit dem Museumsgebäude an der Neißstraße auch die Sammlungen, das physikalische Kabinett und die wertvolle Bibliothek der Oberlausitzischen Gesellschaft, die von 1807 bis 1950 in diesem Gebäude ihren Sitz hatte.

Der in der Ratsapotheke am Untermarkt tätige Arzt und Apotheker Christian August Struve (1767-1807) setzte sich maßgeblich für die Gesundheitserziehung und Volkshygiene ein. Auf seine Anregung hin begann auch die Pockenschutzimpfung im Görlitzer Gebiet.

Im Jahr 1787 ging die mit Öl betriebene erste öffentliche Straßenlaterne der Stadt in Betrieb. Auch der Kaisertrutz erhielt damals eine Ölbeleuchtung.

Ab 1799 erschien wöchentlich der "Görlitzer Anzeiger" von Dr. Rothe, mit dem das Görlitzer Zeitungswesen begann. Von 1803 bis 1814 gab dann die Buchhandlung Schirach (Brüdergasse 5) den "Neuen Görlitzer Anzeiger" heraus.

Im Jahr 1807 erleidet Görlitz wieder einen Stadtbrand.

Am 10. April 1811 gründet sich die Ornithologische Gesellschaft zu Görlitz im Vereinslokal "Blauer Löwe" am Obermarkt auf Initiative des Görlitzer Kaufmannes und bedeutenden Vogelkundlers Johann Gottlieb Krezschmar (1785-1869) (aus der Ornithologischen Gesellschaft ging im Jahr 1823 die Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz hervor).

Im Jahr 1811 hat Görlitz ca. 8.600 Einwohner (ca. 1.100 Wohnhäuser).

In der Zeit der Napoleonischen Kriege, in denen Sachsen auf der Seite Kaiser Napoleons I. stand, besuchte Napoleon mehrmals auch die Stadt Görlitz, so am 17. Juli 1807 und wieder am 29. Mai 1812 vor dem Rußlandfeldzug. Nach dessen Scheitern fuhr er auf dem Weg nach Frankreich am 13. Dezember 1812 unerkannt im Schlitten durch die Stadt. Am 20. April 1813 zog Kaiser Alexander I. von Russland in Görlitz ein, dessen Verbündeter König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dann am 23. April 1813. Vom 23. bis 25. Mai sowie vom 18. bis 20. August 1813 diente das Barockhaus Obermarkt 29 als Hauptquartier der noch einmal kurzzeitig siegreichen französischen Truppen. Vom Balkon des Hauses nahm Napoleon eine Truppenparade ab.

19. und 20. Jahrhundert in Stichworten

1816: am 1. Juni fällt das Görlitzer Gebiet auf der Grundlage der Beschlüsse des Wiener Kongresses an Preußen und ist nun Kreissitz im Regierungsbezirk Liegnitz der Provinz Schlesien, die Beziehungen zwischen den Mitgliedern des Oberlausitzer Sechsstädtebundes kommen zum Erliegen; Görlitz hat ca. 9.000 Einwohner
1816: Tuchfabrik Bauer gegründet (leitet die Industrialisierung der Stadt ein, die dann nach der Gründung des Deutschen Zollvereins und dem Anschluss von Görlitz an das Eisenbahnnetz - Strecke nach Dresden 1847, nach Hirschberg 1865, nach Berlin 1867 und nach Zittau/Reichenberg 1875 - einen bedeutenden Aufschwung erfuhr)
1823: Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz gegründet (im Jahr 1991 wiederbelebt), sie ging aus der 1811 gegründeten Ornithologischen Gesellschaft hervor; zu den Direktoren des Museums der Naturforschenden Gesellschaft, des späteren Staatlichen Museums für Naturkunde Görlitz, gehörte auch der bedeutende Naturkundler F. G. Reinhard Peck (1823-1895); die ersten "Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz" erscheinen im Jahr 1827
1828: Wagenbauanstalt Christoph Lüders gegründet (Vorläufer des traditionsreichen Görlitzer Waggonbaus)
1830: Görlitz wird Garnisonsstadt
1832: erste Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung (22. Juni) auf der Grundlage der Stein-Hardenbergischen Reformen
1833: Einführung der preußischen Städteordnung in Görlitz, Mädchen-Bürgerschule am Fischmarkt eröffnet
1837: die erste Görlitzer Dampfmaschine geht in der Tuchfabrik Bergmann und Krause in Betrieb
1844: Gottlob Ludwig Demiani (1786-1846; Denkmal am Demianiplatz) wird erster Oberbürgermeister der Stadt (bis 1846); seit 1814 in Görlitz, Bürgermeister seit der Einführung der preußischen Städteordnung im Jahr 1833, erwarb sich große Verdienste um die Entwicklung der Görlitzer Infrastruktur, des Bildungs-, Gesundheits- und Verkehrswesens und der Wirtschaft der Stadt
1847: Oberbürgermeister Gottlob Jochmann (bis 1854), Eisenbahnstrecke nach Dresden eröffnet
1848: Turn- und Rettungsverein unter Kaufmann Himer und Turnlehrer Böttcher gegründet (Görlitz ist die vierte preußische Stadt mit einer freiwilligen Feuerwehr)
1848/49: Abbruch der Stadtmauern und -tore, die Stadt wächst nun schnell über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus; zu den erhalten gebliebenen Resten der Stadtbefestigung gehören Kaisertrutz, Reichenbacher Turm, Dicker Turm, Ochsenbastei und Mauerreste an der Neiße
1849: der traditionsreiche Görlitzer Bahnwaggonbau nimmt den Betrieb auf (ab 1921 Waggon- und Maschinenbau AG)
1850: Umbau des Kaisertrutz, dient nun als Hauptwache der Garnison mit Arrestlokal und Depot der Kriegsausrüstung
1851: Stadttheater mit Schillers "Don Carlos" eröffnet, erste städtische Sparkasse fertiggestellt
1853: Schlosserei Carl Körner (1826-1901) gegründet, entwickelte sich zu einem bedeutenden Maschinenbaubetrieb (heute Siemens Turbinenbau AG)
1854: Oberbürgermeister Hugo Leopold Wilhelm Sattig (bis 1856), Neubau des Gymnasiums am Klosterplatz (bis 1856)
1858: Baubeginn für das Museum der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz am Marienplatz (am 26. Oktober 1860 eröffnet), Jägerkaserne fertiggestellt
1864: Fabrik für Feuerwehrgeräte und Metallwaren von Gustav Adolph Fischer gegründet
1865: Eisenbahnstrecke nach Hirschberg eröffnet
1866: Oberbürgermeister Maximilian Richtsteig (bis 1871), neues Gebäude des Königlichen Kreisgerichtes am Postplatz gebaut, Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl von Preußen (Führer der I. Armee) in Görlitz (13.-22. Juni), Neumarkt nun Wilhelmsplatz, Sommerstraße nun Moltkestraße und Klosterstraße nun Bismarckstraße genannt, neue Bebauungspläne für die äußeren Stadtbereiche mit Ringstraße geschaffen (die zahlreichen Fabrikneugründungen jener Zeit blieben außerhalb des Stadtkerns, wodurch das historische Stadtbild gewahrt wurde)
1867: Berlin-Görlitzer Eisenbahn eröffnet
1868: Görlitzer Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins gegründet (mit Industrie und Gewerbe war auch die Arbeiterschaft der Stadt gewachsen)
1869: Aktienbrauerei (später Landskronbrauerei) gegründet
1870: Görlitzer Jäger erobern (am 4. August) die erste französische Kanone im Deutsch-Französischen Krieg, diese wird 1874 zwischen Kaisertrutz und Theater aufgestellt, am 2. Juni 1871 kehrte das Görlitzer Jägerbataillon Nr. 5 aus dem Krieg zurück
1871: Oberbürgermeister Friedrich Carl Johannes Gobbin (bis 1881), Görlitz hat ca. 42.750 Einwohner
1872: Parkanlagen am Blockhaus geschaffen, Bau einer zweiten Neißebrücke (bis 1875) am Stadtpark (sie förderte die städtebauliche Erschließung der Gebiete östlich der Neiße; allerdings zeigten sich dort erst ab 1900 geschlossene Stadtviertel)
1873: Görlitz wird laut preußischem Recht zur kreisfreien Stadt ernannt (selbstständiger Kreis), sie gehörte im 19. Jahrhundert zu den reichsten Städten Deutschlands und verfügte in der niederschlesischen Oberlausitz mit der 348 qkm großen Görlitzer Heide über einen für deutsche Städte ungewöhnlich großen Grundbesitz mit viel Wald und reichen Vorkommen an Bodenschätzen; die nahen Lausitzer und Schlesischen Kohlelagerstätten sorgten für die Brenn- und Rohstoffversorgung der Industrie und kommunalen Wirtschaft der Stadt
1873: Verein der Musikfreunde gegründet
1875: Görlitz-Reichenberger Eisenbahn geht in Betrieb (Strecke über Zittau; Reichenberg ist heute die Stadt Liberec in Tschechien)
1876: Schlesische Musikfestspiele durch Graf Bolko von Hochberg ins Leben gerufen
1878: Maschinenbauanstalt von Richard Raupach gegründet

1870/80er Jahre: Der Wohnraumbedarf der Gründerzeit ließ geschlossene Reihen von Mietshäusern unter anderem am Postplatz, an der Blumenstraße, an der Augustastraße, am Wilhelmsplatz und am Dresdener Platz entstehen. Die Bürgerhäuser, das prächtige neobarocke Postamt am Postplatz, zahlreiche Schulneubauten und andere öffentliche und gewerbliche Gebäude entstanden in höherer Qualität, als dies in anderen Städten jener Zeit üblich war. Die hochwertige Architektur und die günstige Stadtstruktur machten die schlesische Stadt am Ende des 19. Jahrhunderts weithin berühmt. Wohlhabende Pensionäre aus ganz Deutschland wählten Görlitz deshalb, nicht zuletzt auch wegen der zahlreichen Park- und Grünanlagen, als Altersruhesitz, was Görlitz die scherzhafte Bezeichnung "Pensionopolis" einbrachte.

1880: der Görlitzer Schlachthof geht in Betrieb, Görlitz hat ca. 50.150 Einwohner
1881: Oberbürgermeister Clemens Theodor Reichert (bis 1893), Schützenhaus an der Zittauer Straße eingeweiht
1882: erste zwei Linien der Pferdebahn eröffnet (Endstation Bahnhofsvorplatz)
1885: Görlitzer Industrie- und Gewerbeausstellung vom 14. Mai bis 27. September auf dem Dresdner Platz (heute Lutherplatz, zwischen Landeskronstraße und Krölstraße) mit 1.424 Ausstellern auf 25.000 qm Ausstellungsfläche; sie belegte den hohen Stand der industriellen Entwicklung der Stadt
1886: das erste Elektrizitätswerk geht in Betrieb, am 15. August auch der örtliche Fernsprechverkehr
1887: Görlitzer Konsum-Verein in der Gaststätte "Goldener Löwe" gegründet
1888: Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz gegründet, Maschinenfabrik W. Roscher von Wilhelm Roscher an der Reichenbacher Straße gegründet
1889: Hauptpost- und Telegraphenamt eröffnet (am 1. August)
1893: Kaiserparade (am 18. Mai) auf dem Obermarkt anlässlich des Besuches von Wilhelm II. sowie Enthüllung des Denkmals für Kaiser Wilhelm I. auf dem Obermarkt (er hatte am 14. September 1882 Görlitz besucht)
1894: Oberbürgermeister Paul Büchtemann (bis 1906), Schokoladen- und Süßwarenfabrik Mattke & Sydow gegründet
1895: Ansprache von August Bebel am 3. Oktober im Konzerthaus, Görlitz hat ca. 70.150 Einwohner
1896: im September weilen Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. von Russland anlässlich einer Kaiserparade in Görlitz, der Kaiser verleiht dem Oberbürgermeister das Recht zum Tragen einer Amtskette (vom Juwelier Richard Höer geschaffen), Optisch-mechanische Industrieanstalt Hugo Meyer gegründet (v.a. Kameralinsen-Fertigung; ab 1902 an der Biesnitzer Straße), Neue Kaserne eröffnet (heißt ab 1938 Coubière-Kaserne)
1897: städtische Berufsfeuerwehr gegründet, am 1. Dezember geht die elektrische Straßenbahn in Betrieb (Linie I - Untermarkt-Schützenhaus, II - Ringbahn, III - Rauschwalder Str.-Moys, IV - Postplatz-Landeskrone)
1898: Beginn der 10-jährigen Bauarbeiten an der Straßburg-Passage
1899: stirbt Karl Ludwig Kahlbaum (1828-1899), er begründete in Görlitz eines der ersten Nervensanatorien Europas und machte sich außerdem um die naturwissenschaftliche und frühgeschichtliche Forschung verdient

Am Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden mehrere bedeutende öffentliche und kirchliche Gebäude in der Stadt, darunter die Jakobuskirche (1899, Ebers), die Lutherkirche (1901, Fritsch), die Oberlausitzer Ruhmeshalle (1902), das Stadtkrankenhaus (1901-1905, Heino Schmieden, Girbigsdorfer Straße), die Stadtbibliothek (1907, Riess, Hagedorn), die Stadthalle (1906-1910, Bernhard Sehring), die Synagoge (1911, William Lossow, Hans Max Kühne) und der Görlitzer Bahnhof (1914-1917), ein großer Gebäudekomplex mit Empfangsgebäude, Bahnverwaltung und Hauptpost. In den 1920er Jahren kam die Stadtbebauung dann wegen der Weltwirtschaftskrise weitgehend zum Erliegen. Die Stadtfläche wuchs allerdings durch die Eingemeindung von Rauschwalde (1925) und Moys (1929, östlich der Neiße) beträchtlich. In den 1930er Jahren erfuhren die Gebiete Biesnitz, Rauschwalde und Rabenberg (Oststadt) eine (vor-)städtische Bebauung.

1900: Görlitz hat ca. 80.800 Einwohner
1905: Görlitzer Industrie- und Gewerbeausstellung, Eisenbahnstrecke nach Buchholz (Krischa/Tretta) geht in Betrieb
1906: Oberbürgermeister Georg Snay (bis 1927), Görlitzer Verkehrsverein gegründet (am 22. März)
1907: Stadtbibliothek (Architekten Riess, Hagedorn) an der Jochmannstraße eröffnet, Neubau der Altstadtbrücke
1910: Musikfestspiele (am 27. Oktober) in der Stadthalle, elektrische Straßenbeleuchtung ging (am 6. Juli) in Betrieb, Görlitz hat ca. 85.750 Einwohner
1911: Neubau der Synagoge eingeweiht (am 7. März), erstes Kino eröffnet (das Wilhelmtheater wurde in das Union-Theater für Lichtspiele und Varieté umgewandelt)
1912: die Sozialdemokraten errangen einen Reichstagssitz für den Wahlkreis Görlitz/Lauban (Die Sozialdemokratie hatte sich zur stärksten politischen Kraft in der Industriestadt Görlitz entwickelt. Die zahlreichen in Görlitz lebenden Pensionäre und die Angehörigen der Garnison (Jägerkaserne ab 1858, Neue Kaserne ab 1896) bildeten jedoch ein starkes konservatives Gegengewicht.)
1917: starb der Görlitzer Lehrer, Mundartdichter, vielbeachteter Botaniker und Leiter des Botanischen Gartens Emil Barber (1857-1917), der auch die erste Flora der Oberlausitz, eine Beschreibung der Pflanzenarten der heimischen Vegetation, veröffentlichte
1916 bis 1919: (im Ersten Weltkrieg) lässt sich das 4. griechische Armeecorps (ca. 6.500 Soldaten) unter Oberst Chatzopoulos freiwillig in Görlitz internieren, mehr als 200 griechische Soldaten gründen Familien in Görlitz
1921: Waggon- und Maschinenbau-Aktiengesellschaft (WUMAG) gegründet (die Tradition reicht bis zur Wagenbauanstalt von Johann Christoph Lüders von 1828 und zum Görlitzer Bahnwaggonbau von 1849 zurück)
1925: Flugplatz eröffnet (nur für Kleinflugzeuge), Eingemeindung von Rauschwalde
1927: Oberbürgermeister Dr. Georg Wiesner (bis 1931), St.-Carolus-Krankenhaus eröffnet
1929: Eingemeindung von Moys (östlich der Neiße gelegen)
1931: Oberbürgermeister Wilhelm Duhmer (bis 1934)

Wegen Weltkrieg und Wirtschaftskrise war die dringend erforderliche Sanierung der Görlitzer Altbausubstanz in der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts nur eingeschränkt möglich. Im wesentlichen waren es nur Kaisertrutz, Reichenbacher Turm, Rathaus und einige Häuser am Untermarkt, die in den 1920er bis 1940er Jahren in den Genuss werterhaltender Maßnahmen kamen.

1933: Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, 118. SA-Brigade in Görlitz stationiert, Johannes Wüsten (1896-1943, KPD; Maler, Schriftsteller, Kupferstecher; prägte in den 1920er Jahren das kulturelle Leben der Stadt) emigriert nach Prag, später nach Paris (wird 1940 in Paris von der Gestapo verhaftet und stirbt 1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden)
1934: Oberbürgermeister Konrad Jenzen (NSDAP-Ortsgruppengründer), Wilhelm Duhmer hatte das OB-Amt freiwillig niedergelegt
1935: "Frontkämpfersiedlung" auf dem Rabenberg eingeweiht, Restaurierung des Reichenbacher Turmes abgeschlossen, Kleist-Kaserne an der Hermsdorfer Straße eröffnet; infolge der Nürnberger Gesetze verstärkt sich die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, welche die einstige Kaufmannsstadt Görlitz mit geprägt hatte, sie wanderte zu Hunderten ab, die Behörde "Erb- und Rassenpflege" des Gesundheitsamtes nimmt ihre Tätigkeit auf, die hoch entwickelte Industrie der Stadt wird zunehmend in die militärische Aufrüstung eingebunden
1936: das "Goldene Buch" der Stadt Görlitz wird angelegt, die WUMAG baut den ersten Doppelstockwagen, die Gemeinde Posottendorf-Leschwitz wird in Weinhübel und Nickrisch in Hagenwerder umbenannt (um slawische Ortsnamen zu tilgen), Winterfeld-Kaserne eröffnet
1937: Bahnhofsvorplatz umgestaltet, die Gestapo verhaftet ca. 100 Mitglieder der Widerstandsgruppe "Peter" (Hochverratsprozesse in Berlin, Görlitz und Breslau), Wanderausstellung "Weltfeind Nr. 1 - Der Bolschewismus" auf dem Obermarkt, der Görlitzer Radiosender im Ständehaus geht in Betrieb (am 8. Juli)
1938: der Untermarkt wird saniert und restauriert (Straßenpflaster, Bogengänge, Fassaden u.a.), Übergabe des neugestalteten "Großen Sitzungssaales" im Rathaus (auf dem Monumentalgemälde des Görlitzer Malers Arno Henschels fehlt die Synagoge), Neubausiedlung Klingewalde (28 Familien) fertiggestellt, Einweihung des am Ständehaus errichteten Denkmals für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten der ehemaligen Görlitzer Garnison, Christuskirche Rauschwalde geweiht, Reichskristallnacht (am 9. November; Verwüstung jüdischer Geschäfte, Übergriffe auf die jüdische Gemeinde, Inhaftierungen, "Arisierung" jüdischen Eigentums), der Versuch der Brandzerstörung der Synagoge misslingt
1939: Verkehrsstraße rund um den Obermarkt gebaut, Wilhelmsplatz umgestaltet, Kulturwoche des gesamten schlesischen Gebietes, Görlitz hat ca. 93.670 Einwohner, Luftschiff Graf Zeppelin landet auf dem Flugplatz (am 16. Juli), am Überfall auf Polen am 1. September ist auch das Infanterie-Regiment 30 Görlitz/Lauban beteiligt (in Polen, Belgien, Frankreich und der Sowjetunion eingesetzt, am 2. Mai 1945 bei Berlin zerschlagen), ca. 1.800 polnische Kriegsgefangene an der Leopoldshainer Chaussee interniert, später im Kriegsgefangenlager Stalag (Stammlager) VIII A in Moys
1940: Ausstellung des Landschaftsmalers, Porträtisten und Zeichners Otto Engelhardt-Kyffhäuser "Der große Treck" im Ständehaus (am 31. Mai) eröffnet (Thema: Rückkehr deutscher Bauern aus Wolhynien/Sowjetunion), englische Fliegerbomben fallen auf das Werksgelände der WUMAG (am 14. August), in Biesnitz entsteht das Rüstungs- und Konzentrationslager "Biesnitzer Grund"
1941: Uraufführung von Oliver Messians "Quatuor pour la fin du temps" im Stalag VIII A (Messian war hier 1940/41 interniert), Ausstellung "Mit Mann und Roß und Wagen..." von Otto Engelhardt-Kyffhäuser in der Luisenschule (Zeichnungen und Skizzen aus dem Feldzug gegen Polen), im Dezember Deportation der letzten Görlitzer Juden in das Zwangsarbeitslager Tormersdorf/Rothenburg (1942/43 dann in die KZ Theresienstadt, Majdanek und Auschwitz-Birkenau gebracht)
1942: die meisten Denkmäler und Glocken der Stadt werden für die Rüstung eingeschmolzen, die Bestände des Ratsarchivs, der Städtischen Kunstsammlung, des Ständearchivs, des Stadtarchivs und der Bibliothek der Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften sowie kirchliches Eigentum wird in Rittergüter meist östlich der Neiße ausgelagert, Aufführung der "Iphigenie von Delphi" im Stadttheater (am 29. September) anlässlich des 80. Geburtstages des Dichters und Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann in dessen Anwesenheit
1943: Häftlinge und Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit in der Stadt und der Landwirtschaft eingesetzt (in der WUMAG machen sie fast 50 Prozent der Belegschaft aus), Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ruft den "totalen Krieg" aus, alle Ressourcen für den Krieg eingesetzt, Schüler und Gymnasiasten als Flakhelfer nach Berlin und Dessau einberufen, Splitterschutzgräben auf dem Elisabethplatz, dem Nikolaigraben und dem Sechsstädteplatz sowie Löschwasserteiche auf dem Demianiplatz und dem Sechsstädteplatz angelegt
1944: Luftangriffe auf Görlitz, Stadttheater geschlossen, Künstler zum "Kriegseinsatz an der Heimatfront" sowie alle nicht in der Wehrmacht dienenden Männer zwischen 16 und 60 Jahre zum Volkssturm einberufen, Flüchtlingstrecks mit Siebenbürger Sachsen und Volksdeutschen aus dem Banat (Rumänien) treffen ein, der Görlitzer Waggon- und Maschinenbau AG wird ein Nebenlager des KZ Groß-Rosen angegliedert (mehr als 400 der überwiegend jüdischen Häftlinge aus Ungarn, Polen, Tschechien und Russland sterben bei der Zwangsarbeit)
1945: große Flüchtlingsströme aus den östlichen Frontgebieten treffen ein, am 18. Februar Befehl zur systematischen Räumung von Görlitz (Zwangsevakuierung wegen der anrückenden Roten Armee), von ca. 94.000 Einwohnern blieben nur ca. 31.000 in der Stadt, sowjetische Tieffliegerangriffe, am 8. März Ansprache von Joseph Goebbels in der Stadthalle, am 30. März Görlitz zur Festung erklärt, ab 6. Mai sowjetischer Artilleriebeschuss (im Krieg wurden insgesamt etwa 1.500 Häuser beschädigt), Oberbürgermeister Dr. Meinshausen und NSDAP-Funktionäre fliehen, Sprengung des Rathauses und der Görlitzer Türme geplant, aber verhindert, alle Neißebrücken von der Wehrmacht gesprengt (Görlitz blieb von den verheerenden englischen und amerikanischen Bombenangriffen verschont, sodass der historische Stadtkern anders als in den meisten größeren Städten Sachsens den Krieg überstand)
nach dem 8. Mai 1945 (Kriegsende): am 10. Mai 1945 beruft der sowjetische Stadtkommandant Gardeoberst Nesterow einen Magistrat unter Oberbürgermeister Alfred Fehler (dieser stirbt aber schon im August an Typhus), im Juni geht die Straßenbahn wieder in Betrieb, die Zeitung "Bekanntmachung für Görlitz-Stadt und -Land" erscheint, Stadttheater wiedereröffnet, ab 21. Juni Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Görlitz-Ost (dem späteren Zgorzelec), am 9. Juli werden Görlitz und der Westteil des ehemaligen Regierungsbezirkes Liegnitz in das Land Sachsen eingegliedert, Oberbürgermeister Walter Oehme (August bis Dezember, Korruption und Vetternwirtschaft in der Stadtverwaltung, Oehme wird in Dresden wegen angeblicher Spionage und Sabotage vom sowjetische Geheimdienst verhaftet und 1950-1956 in der JVA Bautzen inhaftiert), der große Flüchtlingszustrom aus dem Sudetenland und aus Schlesien lässt die Einwohnerzahl von 31.000 auf bald ca. 100.000 steigen, eine Hungersnot bricht aus, im August werden Stadt- und Landkreis Görlitz zum Notstandsgebiet erklärt, im Oktober werden 38 Betriebe von "Nazi- und Kriegsverbrechern" durch die sowjetische Militäradministration beschlagnahmt, im November erhalten 27 Straßen und Plätze neue Namen (z.B. die Adolf-Hitler-Straße den Namen Berliner Straße)
1945: stirbt Richard Jecht (1858-1945), Ratsarchivar und Sekretär der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, er gab das Neue Lausitzische Magazin und zahlreiche stadt- und regionalgeschichtlichen Schriften heraus
1946: Görlitzer Kulturwoche im März, Vereinigung der Ortsgruppen von SPD und KPD zur SED-Ortsgruppe, Zweckverband Görlitz/Löbau zur Neuerschließung des Braunkohlereviers Berzdorf-Tauchritz gegründet, am 1. Mai erste Maikundgebung auf dem Obermarkt seit 1932, neues Volksbad am Weinberg gebaut (1950 fertiggestellt, seitdem beliebtes Naherholungszentrum), Landkreise Görlitz und Weißwasser zusammengelegt zum Landkreis Niesky, Stadttheater in Gerhard-Hauptmann-Theater umbenannt
1946: Beim Volksentscheid in Sachsen stimmen mehr als 83 % der Görlitzer für die Verstaatlichung der Großbetriebe. Die etwa 10.000 ha Landwirtschaftsfläche und etwa 8.000 ha Waldfläche des Landkreises waren schon bei der Bodenreform im Jahr 1945 enteignet und an landarme Bauern und Landlose (Neusiedler) verteilt worden.
1947: viele Großbetriebe (auch der Waggonbau) in Volkseigentum überführt, Poliklinik am Konsulplatz 3 eröffnet
1948: öffentliche Prozesse gegen nationalsozialistische Politiker, Funktionäre und Denunzianten sowie das Leitungs- und Wachpersonal der Konzentrationslager in der Görlitzer Region, beim Prozess in der Stadthalle werden der ehem. Oberbürgermeister Dr. Meinshausen und der letzte NSDAP-Kreisleiter Dr. Malitz zum Tode verurteilt, im Juli Industrie- und Gewerbeausstellung, im September Mahnmal für die Opfer des Faschismus auf dem Wilhelmsplatz (damals Karl-Marx-Platz) enthüllt, im Oktober Wiedereröffnung der Städtischen Kunstsammlung im Kaisertrutz
1949: Gründung der DDR, Weinhübel und Klingewalde eingemeindet, erste D-Zug-Wagen im VEB Waggonbau Görlitz gebaut, Naturkundemuseum am Marienplatz wiedereröffnet, die Stadtverwaltung übernimmt die Verwaltungsaufgaben von der sowjetischen Kommandantur, Görlitz hat ca. 101.750 Einwohner

Nach dem Krieg galt es zunächst, neuen Wohnraum zu schaffen und die Industrie wiederzubeleben. Allerdings begannen auch schon Sanierungsarbeiten an der Peterskirche und an den beschädigten historischen Gebäuden am Obermarkt. Die Sanierung der Altbausubstanz des historischen Stadtzentrums blieb jedoch stets nur auf Einzelmaßnahmen beschränkt, die durch engagierte Architekten, Städteplaner und Heimatfreunde wie Hans Nadler, Siegfried Asche, Ernst-Heinz Lemper, Bernhard Klemm und Albert Mayer angeschoben wurden. Für eine flächendeckende Sanierung und Rekonstruktion fehlten die finanziellen, personellen und materiellen Mittel (und wohl auch der politische Wille). Die Wohnungsbauprogramme konzentrierten sich auf Neubausiedlungen in den äußeren Stadtbereichen.

1950: damals größtes HO-Warenhaus der DDR eröffnet (im ehemaligen Karstadt), im Oktober Ansprache von Wilhelm Pieck (Präsident der DDR) auf dem Obermarkt (damals Leninplatz), erste Neubauwohnungen auf der Reichertstraße übergeben
1950: Otto Grotewohl und Józef Cyrankiewicz, die Ministerpräsidenten der DDR und Polens, unterzeichnen am 6. Juli das Görlitzer Abkommen in der ehemaligen Oberlausitzer Ruhmeshalle in Zgorzelec: die Oder-Neiße-Grenze wird als deutsch-polnische Grenze festgeschrieben

Mit der im Jahr 1950 vollzogenen deutsch-polnischen Grenzziehung entlang der Neiße (im Jahr 1990, nach der deutschen Wiedervereinigung, im Grenzvertrag mit Polen bestätigt) wurde Görlitz zur Grenzstadt. Ihr gingen hierdurch die Stadtviertel östlich der Neiße und die große Görlitzer Heide (bis dahin städtischer Grundbesitz) verloren. Der östlich des Flusses gelegene Stadtbereich mit etwa einem Fünftel der Görlitzer Wohnungen, in dem sich auch die Ruhmeshalle und das Jakob-Böhme-Haus befinden, besteht seitdem als polnische Stadt Zgorzelec fort. Die etwa 12.000 deutschen Einwohner hatten nach Kriegsende diesen Stadtbereich räumen müssen.

1951: Stadion der Freundschaft eingeweiht, Ehrenmal auf dem Jüdischen Friedhof für die Opfer des KZ Biesnitzer Grund enthüllt
1952: Auflösung des Landes Sachsen, Görlitz gehört nun zum Verwaltungsbezirk Dresden, Biesnitz eingemeindet, der VEB Waggonbau Görlitz baute erste Doppelstockwagen, VEB Kondensatorenwerk an der Uferstraße geht in Betrieb
1953: Aufstand am 17. Juni auch in Görlitz, Kundgebung am damaligen Stalinplatz (später Platz der Befreiung, heute wieder Postplatz), das Rathaus, die SED-Kreisleitung und das Gebäude der Staatssicherheit werden besetzt und Inhaftierte der JVA Görlitz, darunter viele Kriminelle und Kriegsverbrecher, freigelassen, Niederschlagung des Aufstandes in der DDR durch sowjetische Truppen
1956: städtisches Krankenhaus zum Bezirkskrankenhaus erhoben, Neiße-Viadukt (am Kriegsende 1945 zerstört) wird mit ersten Zügen zwischen Polen und der DDR wieder in Betrieb genommen (1957 fertiggestellt)
1961: Meridianstein im Stadtpark aufgestellt (kennzeichnet den Verlauf des 15. Längengrades durch Görlitz, auch zur Erinnerung an den ersten Weltraumflug von Juri Gagarin geschaffen), Polen beginnt mit der Rückgabe (bis 1966) des im Krieg ausgelagerten Archivgutes an das Ratsarchiv
1971: 900-jähriges Stadtjubiläum, Amiens (Frankreich) und Molfetta (Italien) werden Partnerstädte
1972: pass- und visafreier Personenverkehr nach Polen eingeführt
1975: die Verwirklichung eines großen Wohnungsbauprogrammes beginnt mit Neubauen in Rauschwalde
1976: großes Neubaugebiet in Königshufen wird begonnen (1986 fertiggestellt, 1987 an das Straßenbahnnetz angeschlossen)
1990: deutsche Wiedervereinigung, im neugegründeten Land Sachsen wird Görlitz kreisfreie Stadt im Regierungsbezirk Dresden, die Planung für eine großzügige Altstadtsanierung beginnt, besonders viele Investitionen leistet die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden (Wiesbadens OB Achim Exner wird deshalb zum Ehrenbürger der Stadt Görlitz ernannt)
1991: Görlitz hat ca. 71.000 Einwohner
1993: das Gymnasium am Klosterplatz wird wieder in "Gymnasium Augustum (Gorlicense)" zurückbenannt
1994: Eingemeindung von Deutsch-Ossig, Hagenwerder, Tauchritz und Schlauroth, der bisher vom Stadtrat ernannte Oberbürgermeister wird ab jetzt direkt von den Bürgern gewählt; infolge einer Kreisreform geht der Landkreis Görlitz im neuen Niederschlesischen Oberlausitzkreis auf, Görlitz erhält zunächst den Kreissitz, muss diesen aber wenig später zugunsten des Fortbestandes als kreisfreie Stadt an Niesky abgeben
1996: der außerhalb der Stadt gelegene neue Grenzübergang nach Polen wird eröffnet, auf ihn konzentriert sich nun ein wesentlicher Teil des Personen- und Güterverkehrs zwischen Deutschland und Osteuropa
1998: Görlitz und Zgorzelec rufen sich zur Europastadt Görlitz/Zgorzelec aus
2001: die Europastadt Görlitz/Zgorzelec bewirbt sich um den Titel "Kulturhauptstadt Europas 2010" (unterliegt aber im Finale gegen Essen), Anschluss an die Autobahn A4 freigegeben
2003: an historischer Stelle wird die am Kriegsende 1945 gesprengte Altstadtbrücke (1907) wieder aufgebaut (2004 eingeweiht)
2008: infolge der sächsischen Kreisgebietsreform bilden der Niederschlesische Oberlausitzkreis, die kreisfreie Stadt Görlitz und der Landkreis Löbau-Zittau nun den Landkreis Görlitz mit dem Kreissitz Görlitz

Görlitz heute

Die überaus wertvolle, vom Krieg nahezu unversehrte, aber wegen der beiden Weltkriege und der Weltwirtschaftskrise schon vor 1945 sehr heruntergekommene und dann in der Zeit der DDR wegen der Konzentration des Wohnungsbauprogramms auf Neubaugebiete weiter vernachlässigte Architektur der unter Denkmalschutz stehenden Görlitzer Altstadt (etwa 3.500 denkmalgeschützte Bürgerhäuser und Repräsentationsbauten) erfährt seit 1990, insbesondere auch durch das Wirken der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie zahlreicher Investoren und Spender - auch durch die jährliche Spende der sog. "Altstadtmillion" (1 Mio. DM bzw. ca. 500.000 EUR;) eines anonymen Görlitz-Liebhabers, eine bis heute andauernde umfassende Sanierung und Rekonstruktion. Diese begann mit dem Waidhaus, dem ältesten Profanbau von Görlitz. Im sanierten Schönhof fand das Landesmuseum Schlesien seinen neuen Standort in der niederschlesischen Stadt Görlitz.

Die Einwohnerzahl von Görlitz (ca. 57.100 Einwohner im Dezember 2006) nimmt immer mehr ab - wegen geringer Geburtenraten und wegen der anhaltenden Abwanderung vor allem junger Leute aus dieser Region am äußersten Ostrand Sachsens und Deutschlands. Die Blockbauten aus der DDR-Zeit werden allmählich zurückgebaut. Andererseits verzeichnet die Stadt Görlitz, die zu den schönsten Städten Sachsens zählt, jährlich zunehmende Besucherzahlen. Langsam wächst auch die Anzahl von Görlitz-Liebhabern aus ganz Deutschland, die hier ihren Wohnsitz wählen. Da es sich aber vor allem um Ruheständler handelt, ist das Problem des Bevölkerungsschwundes damit nicht dauerhaft gelöst.

Die großartige historische Altstadt von Görlitz ist auch als Filmkulisse beliebt (z.B. als Paris des 19. Jahrhunderts oder als Heidelberg der 1950er Jahre, der Ziegelbau der Landskronbrauerei auch als Gebäude des New Yorker Hafens).

Seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 kam es zu zahlreichen Betriebsschließungen, darunter des Feinoptischen Werkes (1896 als Optisch-Mechanische Industrieanstalt Hugo Meyer gegründet), des Kondensatorenwerkes (1952 gegründet), des Bekleidungswerkes (1951 aus der Görlitzer Teppichfabrik Nahme & Weiske gegründet), des Leuchtenwerkes (bis 1945 Lampenwerk Apelt & Müller) und der Spezialfabrik für Bienenzuchtgeräte. Die Arbeitslosigkeit war in Niederschlesien mit einer Rate von mehr als 20 % die höchste in Sachsen, sinkt allerdings seitdem infolge der massiven Abwanderung kontinuierlich.

[ Wie in anderen Städten des "Autofahrer-Paradieses" Sachsen wird der Besucher auch im historischen Stadtzentrum von Görlitz mit einem sehr lästigen Straßenverkehr konfrontiert. Selbst enge Gassen sind befahren und mit Autos zugestellt und unzählige, zum großen Teil überflüssige Verkehrsschilder, von denen allein schon der Obermarkt einen ganzen Schilderwald aufzuweisen hat, verschandeln das Stadtbild. Aus den Fotografien dieser Internet-Präsentation wurden die Fahrzeuge und Verkehrsschilder soweit wie möglich durch Bildbearbeitung entfernt, um einen möglichst ungestörten Anblick der Sehenswürdigkeiten zu gewähren, wie er sich dem Besucher der Stadt in Wirklichkeit leider nicht bietet. Die Görlitzer Altstadt bedarf dringend einer umfassenden Verkehrsberuhigung. ]



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