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Stadt Görlitz: Altstadtgürtel • Stadtpark • Schellergrund • Nikolaivorstadt • Nikolaiturm • Nikolaikirche • Heiliges Grab

Stadtpark • Schellergrund

Der sich südlich der Altstadt erstreckende Stadtpark ist die größte der etwa 100 Park- und Grünanlagen der Stadt (insgesamt ca. 130 ha mit etwa 350 Gehölzarten und einem großen Holzspielplatz). Er war zwischen 1829 und 1833 auf dem Gelände der Viehweide nach Plänen des berühmten Gartengestalters Peter Joseph Lenné als englischer Landschaftspark angelegt worden. Bis 1880 gab es hier auch ein Schießhaus für Schützenfeste. Nach 1945 entstanden eine Freilichtbühne und eine Rosenterrasse.

MeridiansteinIm Stadtpark markiert der als Globus gestaltete Meridianstein (1961, Carl Däunert) mit einer Bronzeschiene den exakt durch diesen Ort verlaufenden 15. Grad östlicher Länge. Von diesem Meridian ist die Zeitzone der Mitteleuropäischen Normalzeit abgeleitet.
Im Stadtpark zeigt ein im Jahr 1898 in Lauchhammer nach einem Modell von Johannes Pfuhl gegossenes Denkmal den berühmten Görlitzer Gelehrten Jakob Böhme (1575-1624). Das im Jahr 1871 nach der bekannten Büste von Christian Daniel Rauch gegossene Denkmal für Alexander von Humboldt erinnert an das berühmteste Mitglied der in Görlitz residierenden Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften.

Am Rande des Parks steht die monumentale Stadthalle. Ab 1906 war sie als Musikhalle für die Schlesischen Musikfestspiele begonnen und 1910 als Stadthalle eröffnet worden (Entwürfe von Bernhard Sehring). Das Jugendstilgebäude mit (neo-)klassizistischen Elementen bietet ca. 2.700 Plätze. Seit Januar 2005 ist das sehr sanierungsbedürftige Haus geschlossen.

Zwischen den Neißewiesen und der Zittauer Straße wurde ein bewaldeter Weinberg in eine Erholungsanlage umgewandelt. Die Görlitzer Aktienbrauerei betrieb hier ab 1869 einen Gaststättengarten, im Jahr 1889 entstanden der Aussichtsturm und daneben die Ausflugsgaststätte Weinberghaus. Das im Jahr 1909 eröffnete, Weinlachenbad genannte Freibad (die Weinlache ist ein Nebenarm der Neiße unterhalb des Weinberges) bestand bis 1945. In den 1950er Jahren wurde zur Zittauer Straße hin ein neues Sportzentrum (Volksbad, Sportstadion) geschaffen.

Durch den im Süden gelegenen Schellergrund verkehrt seit 1976 eine Oldtimer-Parkeisenbahn (bis 1990 "Pioniereisenbahn" genannt) mit einer Nachbildung der Lok "Adler" von 1835 (Nürnberg-Fürth) im Schmalspurbahn-Format.

Vom hochgelegenen Blockhaus (1855 für militärische Zwecke gebaut) bietet sich ein Ausblick auf das 475 m lange und 35 m hohe Neiße-Viadukt (von 1844 bis zur Eröffnung der Eisenbahnstrecke nach Dresden 1847 mit Material aus den Königshainer Steinbrüchen als Eisenbahnbrücke gebaut, in den letzten Kriegswochen 1945 gesprengt, bis 1957 wieder aufgebaut).

Nikolaivorstadt • Nikolaiturm • Nikolaikirche • Finstertor

Blick von der Peterstraße zum NikolaiturmDer im Jahr 1348 erstmals erwähnte Nikolaiturm, ein runder Turm mit barocker Kupferhaube, gehörte zum ehem. Nikolaitor, dem nördlichen Tor der um 1848/50 abgebrochenen Stadtbefestigung. Görlitzer Heimatfreunde setzten den Turm wieder instand. Der nahebei gelegene Nikolaizwinger ist seit 1954 eine Gartenanlage.


Bild: Nikolaiturm (rechts im Bild), von der Peterstraße durch die Nikolaistraße gesehen


Nordwestlich des Nikolaiturms erstreckt sich die Görlitzer Nikolaivorstadt. Schon die Stadtbilder aus dem 16. Jahrhundert zeigen zahlreiche Fachwerkbauten in diesem Gebiet. Hier standen auch die städtischen Scheunen sowie das Schießhaus und das Schirmhaus der Schützengesellschaft. Das Gebiet um Nikolaikirche und Nikolaifriedhof ist das älteste deutsche Siedlunggebiet von Görlitz, d.h., hier siedelten sich schon vor 1200 die ersten deutschen Siedler und Kaufleute an (im östlichen Altstadtbereich befand sich damals eine viel ältere sorbische Siedlung).

Auf den Grundmauern der um 1100 errichteten (1298 ersterwähnten), mehrmals durch Krieg und Brand zerstörten ersten Görlitzer Kirche, der Parochialkirche St. Nikolai, begann man im Jahr 1452 mit dem Bau der dreischiffigen Nikolaikirche, einer spätgotischen Hallenkirche. Wegen der gleichzeitigen Arbeiten an der Kirche St. Peter und Paul ging der Bau der Nikolaikirche nur schleppend voran. Erst zwischen 1516 und der Kirchweihe im Jahr 1520 konnte Wendel Roskopf d.Ä. den Kirchenbau zu einem vorläufigen Abschluss bringen. Aus jener Zeit stammt das schöne Südportal (unvollendet) mit einem Maßwerk-Baldachin, einem Kreuzigungsrelief und hochwertigen Skulpturen. Schon im Jahr 1545 musste man das instabile schwere Dach wieder abbrechen. Nach Bränden in den Jahren 1642 und 1717 waren weitere Bauarbeiten erforderlich. Die Kirche erhielt dabei eine mit Malerei geschmückte Flachdecke und eine barocke Innenausstattung (Altar von 1720). Der Dachreiter stammt aus dem Jahr 1786. Im Jahr 1925 erfuhr der Kirchenraum den Umbau in einen Gedächnisraum für die Görlitzer Opfer des Ersten Weltkrieges im Stil des Expressionismus (Bauleitung: Martin Elsässer). Dabei wurden zwölf Pfeiler entfernt, Stahlbetonsäulen eingefügt und anstelle der Flachdecke ein neogotisches Gewölbe eingezogen. Heute dient die Kirche als Ausstellungsgebäude.

Auf dem im Jahr 1310 erstmals erwähnten, nördlich der Nikolaikirche gelegenen Nikolaifriedhof blieben wertvolle barocke und klassizistische Grüfte und Grabdenkmäler erhalten. Auch das Grab des Görlitzer Schuhmachers und berühmten Gelehrten (Theosophen) Jacob Böhme (1575-1624) befindet sich hier.

FinstertorAn der Mauer des Nikolaifriedhofes ist das Finstertor mit seiner spitzbogigen Durchfahrt zu sehen. Daneben befindet sich das Haus des Scharfrichters (1666/67, nach dem Stadtbrand von 1717 unverändert wieder hergestellt) mit massivem Erdgeschoss und Andreaskreuzen in der Brüstung (diese Hausgestaltung ist in Görlitz seit 1575 bekannt). Wegen des geächteten Berufes seines Bewohners befand es sich außerhalb der einstigen Stadtmauer. Als einzig verbliebenes Fachwerkhaus der Görlitzer Altstadt und eines von wenigen erhalten gebliebenen städtischen Fachwerkhäusern der Oberlausitz besitzt es einen besonderen Wert.
Der im Jahr 1847 eingeweihte Alte Städtische Friedhof zeigt sich heute als Landschaftspark, umgeben von einer Mauer mit Erbbegräbnissen. Hier sind die Grabstätten der Görlitzer Oberbürgermeister und weiterer bedeutender Persönlichkeiten der Stadt zu finden, ebenso das Grab von Minna Herzlieb, einer Freundin von Johann Wolfgang von Goethe.

Das Krematorium (1912/13) auf dem Neuen Städtischen Friedhof zeigt sich in moderner Gestalt. Nahebei befinden sich ein Soldatenfriedhof und die Grabstätten ausländischer Zwangsarbeiter aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.

Auf dem Jüdischen Friedhof (1850) an der Biesnitzer Straße sind unter anderem Gräber wohlhabender jüdischer Kaufmannsfamilien der Stadt Görlitz zu finden. Seit 1951 befindet sich hier ein Mahnmal für die Opfer des Konzentrationslagers Biesnitzer Grund.

Heiliges Grab ("Görlitzer Jerusalem")

Das im Ölberggarten (an der Heilige-Grab-Straße) gelegene, Heiliges Grab genannte Bauensemble mit Kreuz- und Grabkapelle ist ein kunsthistorisch bedeutendes Denkmal der Bibelgeschichte mit vielen symbolischen Anspielungen. Einst führte ein Prozessionsweg (Kreuzweg, Leidensweg Christi) mit sieben Stationen vom Brautportal der Kirche St. Peter und Paul über Nikolaistraße, Bogstraße und Steinweg zu diesem Ort. Mit etwa 1.000 Schritten Länge entsprach er annähernd dem Jerusalemer Vorbild. Eine Schautafel am Eckhaus Bogstraße/Lunitz bezeichnet die Station, wo Jesus unter dem Kreuz zusammenbricht. Inzwischen wurde die Tradition der alljährlichen Karfreitags-Prozession auf der historischen Görlitzer Route wiederbelebt.

Das Heilige Grab ist eine Sühnestiftung des (fünfmal gewählten) Görlitzer Bürgermeisters Georg Emmerich (1422-1507, Sohn eines reichen Görlitzer Kaufmannes und Bürgermeisters, Studiosus in Dresden, Ritter des Heiligen Grabes), der diese im Jahr 1464 wegen einer sittlichen Verfehlung gelobt hatte (er soll der Legende nach in jungen Jahren eine Tochter des Hauses Horschel geschwängert, dieser aber die Ehe verweigert haben). Es gilt aber auch als Denkmal für ein Ereignis in der Zeit der Hussiten-Kriege: Der Ratsherr Horschel wollte im Jahr 1465 mit Hilfe des Böhmenkönigs Podiebrand in Görlitz die Macht an sich reißen und nach einer Brandstiftung böhmische Truppen einmarschieren lassen ("Pulververschwörung"). Die katholische Familie Emmerich konnte dies jedoch vereiteln.

Die mit einem schlanken Dachreiter geschmückte zweigeschossige Kapelle zum hl. Kreuz entstand zwischen 1481 und 1504, der Altar der Kapelle wurde im Jahr 1504 mit einer Messe des Bischofs von Meißen geweiht. Unten befindet sich die kryptenartige Adamskapelle, oben die Golgathakapelle.

AdamskapelleDer Name Adamskapelle bezieht sich auf die Legende, dass der Schädel von Adam, des ersten Menschen, auf Golgatha begraben ist. In der Adamskapelle ist ein zwei Finger breiter Riss in der Wand zu sehen, der in der darüber liegenden Golgatha-Kapelle beginnt. Er erinnert an die Zeile im Matthäus-Evangelium zum Tode Jesu "Die Erde erbebte und die Felsen zerrissen". Im Boden der Golgatha-Kapelle sind drei kreisrunde Löcher mit 20 cm Durchmesser in einem Abstand von 2,40 m zu sehen, welche die drei Kreuzlöcher symbolisieren. Auf die Zeile "Blut wurde vergossen zur Vergebung der Sünden" bezieht sich die Blutrinne, die vom mittleren Kreuzloch durch das Stück des Wandrisses auf den Hügel hinaus führt.
Vor der Kapelle stehen drei Linden (im Jahr 1989 vom Förderverein als Ersatz dreier früherer Linden gepflanzt) als Sinnbild für die drei Kreuze auf Golgatha.

Zwischen der Kreuzkapelle und der etwa 40 Schritte entfernten Grabkapelle steht das Salbhaus (die Salbungskapelle), eine überdachte Mauernische. Sie enthält die Sandsteinplastik (Pietà) "Die Beweinung Jesu" von Hans Olmützer aus der Zeit um 1500, die den toten Jesus und die trauernde Maria sowie im Hintergrund ein Salbgefäß darstellt (in Jerusalem ist im Salbhaus nur der Salbstein zu sehen).

Hl. GrabkapelleHl. GrabkapelleDie um 1500 gebaute Hl. Grab­kapelle ist eine sehr originalgetreue Nachbildung des Hl. Grabes in Jerusalem, wie dieses sich vor 500 Jahren zeigte (dort wurde es am Anfang 19. Jahrhunderts nach einer Zerstörung im griechisch-orthodoxen Stil neu aufgebaut). Die Bauvorlagen könnten von Agnes Fingerin (gest. 1515) nach Görlitz gebracht worden sein (nach dem Tod ihres begüterten Ehemannes im Jahr 1465 lebte sie noch mehr als 50 Jahre lang unver­heiratet, wobei sie im Jahr 1476 mit einer Reisegesellschaft von Herzog Albrecht von Sachsen ins Heilige Land pilgerte). Die Kapelle enthält eine Vorkammer und eine (leere) Grabkammer. Davor steht eine 1,92 m lange Steinbank. Am Eingang befindet sich der zur Seite gewälzte Grabstein.

Die spätgotische Anlage des Hl. Grabes, die zur Entstehungszeit weit vor den Toren der Stadt Görlitz lag, ist von einer sog. Passionslandschaft umgeben. Nördlich vom Golgatha-Berg (nördlich der Grabeskapelle) befindet sich der Ölberg mit dem Garten Gethsemane (heute ein Park und ein Friedhof mit Krematorium), dazwischen erstreckt sich - wie in Jerusalem - das Kidrontal (die Lunitz als Bach Kidron). Diese Anlage mit Ölberg, Jüngerwiese und Bach Kidron ist als eine frühe Form von Landschaftsgestaltung zu werten.

Ab 1933 fand das Heilige Grab kaum noch Beachtung und verfiel. In der Zeit der DDR wurde seine Tradition mit Kreuzweg-Prozessionen in kleinem Rahmen zu Karfreitag wiederbelebt. Heute stellt die Prozession jährlich zu Karfreitag den Beginn der Auferstehungsfeier im Heiligen Grab dar. Die inzwischen zur Touristen-Attraktion gewordene Anlage des "Görlitzer Jerusalem" wird von der evangelischen Kulturstiftung betreut. Unlängst erweiterte man sie am Eingang mit einem Betonbau, in dem Büros, Toiletten und ein Vortragsraum eingerichtet sind.

Nachbauten des Görlitzer Heiligen Grabes entstanden im polnischen Ort Zagan (1598) und in Liberec (Ende des 17. Jahrhunderts). August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, ließ im Jahr 1723 eine Kopie in Ujasdow bei Warschau bauen.



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