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Stadtteil Tolkewitz

Urkundliche Ersterwähnung: 1350 als Tolkenwicz (altsorbisch: Leute des Tolkan), Eingemeindung nach Dresden: 1912

Die unbebaute Wiesenaue des Niedersedlitzer Flutgrabens teilt die Flur Tolkewitz in einen östlichen Teil mit dem Dorfkern Alttolkewitz und einen westlichen Teil mit dem Wasserwerk, dem Johannisfriedhof, dem Krematorium und einer großen Wohnsiedlung.

Das Gassendorf Alttolkewitz befand sich ab 1396 im Besitz des Klosters Altzella, das einen Klosterhof in Leubnitz betrieb. Auch die Dresdner Kreuzkirche bezog über einen langen Zeitraum hinweg Abgaben aus Tolkewitz. Nach 1550, nach der Reformation, übte das Altstädter Religionsamt des Dresdner Rates die Lehnsherrschaft aus. Später gehörte Tolkewitz zu den acht Ratsdörfern Dresdens. Seinen ländlichen Charakter bewahrte sich der Ort bis weit in das 19. Jahrhundert hinein.

Weil sich das hochwassergefährdete, grundfeuchte und sandige Umland von Tolkewitz weniger gut für Landwirtschaft eignet, mussten die Dorfbewohner ihren Lebensunterhalt auch mit anderem Gewerbe wie z.B. dem Heimgewerbe der Zwirnerei bestreiten.

Der auch in der Sternenkunde bewanderte Garnhändler Christian Gärtner, der in Leipzig das Schleifen von optischen Linsen erlernt hatte, betrieb neben seinem Gewerbe den Bau von Fernrohren. Bei ihm in Tolkewitz fand der Prohliser Hobbyastronom Johann Georg Palitzsch, der (Wieder-) Entdecker des Halleyschen Kometen, im Jahr 1745 erstmals Gelegenheit, den Sternenhimmel durch ein Fernrohr zu beobachten.

Kabinettsminister Graf von Loeben ließ im Jahre 1800 - in einer Zeit, als die Romantiker die landschaftlichen Reize des Dresdner Umlandes entdeckten - bei Tolkewitz einen Lustgarten mit einem zweigeschossigen Landhaus anlegen. Hier war z.B. Gottfried Herder zu Gast. Im Jahr 1813 (in der Zeit der Napoleonischen Kriege) fielen der Lustgarten und das Landhaus den Kampfhandlungen zum Opfer.

Der große Dorfbrand von 1873 zerstörte zahlreiche Alttolkewitzer Häuser. Erhalten geblieben sind einige Bauerngehöfte, kleine Häusleranwesen und der alte Dorfgasthof. Aus letzterem ging im Jahr 1873 das beliebte Tanzlokal "Donaths Neue Welt" hervor.

Nach dem Dorfbrand von 1873 legten Tolkewitzer Bauern drei neue Gehöfte im damaligen Tännicht an. Auf deren Gelände entstanden später eine Baumschule (1893), der Straßenbahnhof und das Krematorium.

Zwischen 1900 und 1905 wuchsen im Westen von Tolkewitz neue Siedlungen heran. In den 1920er Jahren sorgte der genossenschaftliche Wohnungsbau für deren weitere Ausbreitung.

Von den Bombenangriffen im Jahr 1945 war Tolkewitz wie die anderen östlich von Striesen gelegenen Siedlungsgebiete weniger stark betroffen.

Die im Jahr 1951 in Tolkewitz nach Plänen von Wolfgang Rauda gebaute Betlehemkirche gilt als erster Kirchenneubau der DDR.

Ab 1961 entstanden im Bereich Marienberger und Altenberger Straße neue Großblock- und Plattenbausiedlungen. Das geschlossene Wohngebiet Johannstadt und Striesen dehnte sich bald bis zum Tolkewitzer Flutgraben aus.

Städtisches Wasserwerk Tolkewitz

Im Jahr 1891 erwarb die Stadt Dresden das Schwemmlandgebiet an der Mündung des Niedersedlitzer/Tolkewitzer Flutgrabens und baute hier, auf einer großflächigen Aufschüttung, zwischen 1896 und 1898 das zweite städtische Wasserwerk (nach dem am rechten Elbufer gelegenen Wasserwerk Saloppe).

Auf einer 35 ha großen Wiesenfläche an der Elbe, direkt neben dem Johannisfriedhof, legte man mehr als 30 Brunnen an, die 15 m tief in den Grundwasserstrom reichen. Über zwei 700 mm starke Druckrohrleitungen gelangt das Wasser in zwei Hochbehälter im Räcknitzer Park, welche das Trinkwassernetz der linkselbischen Dresdner Stadtgebiete speisen.

Im Jahr 1926 wurde das Wasserwerksgelände aufgehöht, um die Gefahr von Elbwassereinbrüchen zu mindern. Seitdem erfuhr das Wasserwerk noch mehrere Modernisierungen und Erweiterungen.

Johannisfriedhof und Krematorium Tolkewitz

Im Tolkewitzer Tännicht legten die Gemeinden der Kreuzkirche, der Frauenkirche und der Johanniskirche gemeinsam den Johannisfriedhof an.

Johannisfriedhof in Tolkewitz

Bild: Die im Jahr 1876 nach Plänen von Paul Wallot gebaute Friedhofskapelle des Johannisfriedhofes zeigt sich als ein mit Neorenaissance-Elementen geschmückter Zentralbau.


In dem noch um 1900 stark bewaldeten Umfeld des im Jahr 1881 eingeweihten Johannisfriedhofes siedelten sich Kranzbindereien, Bildhauerwerkstätten und ab 1894 von Striesen kommende Gartenbaubetriebe an. Seitdem erfuhr der Friedhof noch mehrere beträchtliche Erweiterungen.

Auf dem Johannisfriedhof ruhen unter anderem Opfer politischer Ereignisse wie z.B. 22 Tote des Kapp-Putsches, 396 in der Zeit des Nationalsozialismus hingerichtete Widerstandskämpfer und 68 KZ-Häftlinge. Ein Ehrenhain erinnert an die Opfer der englischen und amerikanischen Bombenangriffe auf Dresden im Jahr 1945.

Zu den auf dem Johannisfriedhof bestatteten bedeutenden Persönlichkeiten gehören auch die Dresdner Oberbürgermeister Friedrich Wilhelm Pfotenhauer (1812-1877), Otto Beutler (1853-1926) und Bernhard Blüher (1864-1938), der Direktor der Gemäldegalerie Karl Woermann (1844-1933), die Kammersängerin Eva Plaschke-Von der Osten (1881-1936) und der Gründer des Volkskunstmuseums Oskar Seyffert (1862-1940).

Krematorium TolkewitzIm Jahr 1908 erwarb die Stadt Dresden drei Hektar Kiefernwald im Tännicht für den Bau eines Krematoriums.

Zwischen 1909 und 1911 errichtete Fritz Schumacher das Krematorium Tolkewitz in einem recht ungewöhnlichen Jugendstil, der an das Grabmal des Gotenkönigs Theoderich in Ravenna erinnert. Den figuralen Schmuck schuf Georg Wrba.



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