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Tharandter Wald   Räuber Lips Tullian

  Tharandt | Tharandter Wald

Der etwa 60 km² große Tharandter Wald - Sachsens schönster Wald - ist südwestlich von Dresden am nördlichen Rand des unteren Ost-Erzgebirges zwischen der Wilden Weißeritz im Osten und dem Colmnitzbach im Südwesten gelegen. Das mit zahlreichen Wanderwegen ausgestattete Landschaftsschutzgebiet zeichnet sich durch prächtige Mischwälder aus, in die Felsen, Bachläufe, Hügel und Täler eingestreut sind. Ebenso wie der Moritzburger Wald und die Dresdner Heide war auch dieses herrliche Erholungsgebiet einst ein kurfürstliches, später königliches Forst- und Jagdrevier.

Schon die Künstler der Romantik (am Anfang des 19. Jahrhunderts) schätzten den Tharandter Wald. Auch Kleist, Schiller und Goethe rühmten seine Schönheit. Selbst Napoleon Bonaparte, der in der Zeit der Napoleonischen Kriege mehrmals in Sachsen weilte, war von ihm angetan. Unter anderem sind es die geologische Eigenart und Vielfalt der hier auftretenden Gesteine und der Artenreichtum des Waldes, die den großen landschaftlichen Reiz dieses Erholungsgebietes ausmachen.

Über dem Grauen Freiberger Gneis, der vor allem im Tal der Wilden Weißeritz zutage tritt, liegen verschiedene, mancherorts in Steinbrüchen aufgeschlossene Porphyre. Hier und da sind Reste eines kreidezeitlichen Sandsteinbeckens sichtbar. Anderenorts durchstoßen tertiäre Basalte die Gneise, Porphyre und Sandsteine. Solche Basaltkuppen sind z. B. der Ascherhübel und der am Nordrand des Waldes gelegene Landberg (mit 430 m ü. NN die höchste Erhebung des Tharandter Waldes). Weiterhin durchziehen Quellwannen und Muldentäler der Triebisch und ihrer Quellbäche den Wald.

Der ursprünglich fast reine Nadelwald verwandelte sich ab dem 19. Jahrhundert unter der Obhut der Forstlehranstalt allmählich in einen artenreichen Mischwald mit vielfältiger Bodenvegetation. Zum Baumbestand gehören Laubbäume wie Rotbuchen, Hainbuchen, Bergahorne, Spitzahorne, Wintereichen, Sommereichen, Linden und Birken sowie Nadelbäume wie Fichten, Kiefern und Lärchen.

Jagdschlösschen Grillenburg im Tharandter WaldDer Tharandter Wald besitzt nur eine Rodungs­insel - die Grillenburger Lichtung im Zentrum. Hier steht das Jagdschlösschen Grillenburg. Das eher schlichte Gebäude gehörte zu einer Jagdsiedlung, die sich Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553-1586) zwischen 1554 und 1558 zum Vertreiben seiner "Grillen" (Launen) hatte erbauen lassen. Diese Siedlung bestand allerdings nicht sehr lange. Nur das Jagdhaus, das Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen (August der Starke; reg. 1694-1733) in ein kleines Jagdschloss umbauen ließ, blieb erhalten.

Bild: Jagdschlösschen Grillenburg im Tharandter Wald


Im Jagdschlösschen Grillenburg ist eine forst- und jagdkundliche Lehrausstellung eingerichtet, die unter anderem über die kurfürstliche Hofjagd informiert. Das Heinrich-Cotta-Zimmer ist Johann Heinrich Cotta (1763-1844), dem Gründer und ersten Direktor der im Jahr 1811 eröffneten Tharandter Forstlehranstalt gewidmet. Zur Lehrschau gehört ein 3,5 km langer botanischer Lehrpfad, der an mehreren Teichen vorbei durch den Tharandter Wald führt.

Von Tharandt aus empfiehlt sich eine Wanderung flußaufwärts durch das mit einem schönen Eschen-Erlen-Wald bestandene Tal der Wilden Weißeritz, das die Ostgrenze des Tharandter Waldes bildet. Am Weg sind zahlreiche Fischteiche und alte Wassermühlen sowie ehemalige Bergbaustollen und andere Spuren des bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in dieser Gegend betriebenen Silberbergbaus zu sehen. Die Wanderung kann man bis zu den Trinkwassertalsperren Klingenberg (1908-1914) und Lehnmühle (1926-1931) am Oberlauf der Wilden Weißeritz fortsetzen.

Zwischen Barthmühle und Hosenmühle (Dorfhain und Klingenberg) gibt es seit 1990 einen 10 km langen Bergbaulehrpfad, zu dem z. B. die Zeche "Edle Krone", ein gut erhaltenes Huthaus, der "Stolln Unverhofft Glück" und das vom Anfang des 16. Jahrhunderts stammende Schaubergwerk "Aurora Erbstolln" gehören. Hier wurden silberhaltige Blei- und Kupfererze und um 1850 auch Fluorit und Baryt abgebaut.

Die alte Sächsische Silberstraße führte von Freiberg kommend am Ostrand des Tharandter Waldes entlang nach Dresden. Bedeutende Silberbergbauorte im Umfeld des Tharandter Waldes waren Naundorf (1559 bis 1834), Niederschöna (ab dem Ende des 16. Jahrhunderts), Herrndorf (1849 bis 1872), Grund (1451 bis 1456), Mohorn (1779 bis 1894), Tharandt (1430 bis 1796), Dorfhain (1511 bis 1890), Höckendorf (1531 bis 1890) und Klingenberg (ab dem Ende des 13. Jahrhunderts bis 1898).

Der westlich von Tharandt gelegene Luftkurort Hartha (370 m ü. NN) wird seit 1870 als Sommerausflugsort geschätzt.

Der südlich von Tharandt gelegene Ort Dorfhain (etwa 1.300 Einwohner) ist wegen seiner sehr bewegten Geschichte interessant. Spät eingewanderte deutsche Kolonisten legten hier in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein Waldhufendorf an (im Jahr 1351 erstmals urkundlich erwähnt). Im Jahr 1632, im Dreißigjährigen Krieg, plünderten und brandschatzten die Kroaten das Dorf, dann raffte die Pest zwei Drittel der Einwohner dahin. Im Jahr 1762 (im Siebenjährigen Krieg) geriet das Dorf zwischen die Fronten der Preußen und Österreicher und wurde dabei vollkommen verwüstet.

Die im Jahr 1632 abgebrannte und ab 1634 wieder aufgebaute Dorfhainer Kirche verfügt über ein Fensterfragment und eine Sakristeitür im Stil der Romanik, ein Altarfenstergewände, einen Taufstein und einen Wandfries im Stil der Gotik, eine Kanzel im Stil der Renaissance, Emporen und ein Kruzifix im Stil des Barock sowie einen Orgelprospekt und Liedtafeln im Stil des Klassizismus. Gemälde aus der Gründerzeit und moderne Altarleuchter runden die recht stilreiche Innenausstattung ab. Der im Jahr 1764 errichtete Pfarrhof zeigt sich in traditioneller Fachwerkbauweise.

Die am Westrand des Tharandter Waldes gelegenen Orte Niederschöna (etwa 2.100 Einwohner, im Jahr 1228 erstmals urkundlich erwähnt) und Hetzdorf (um 1200 entstanden) sind heute beliebte Erholungsorte. In dieser Gegend gibt es mittelalterliche Steinbogenbrücken sowie Stollen und Mundlöcher aus der Bergbauzeit. Zar Peter I. von Rußland soll - während eines Aufenthaltes in Sachsen - in Niederschöna eigenhändig Hammer und Schlegel geschwungen haben.

Die Niederschönaer St.-Annen-Kirche verfügt über eine Silbermann-Orgel von 1716, die Dorfkirche Oberschaar über ein Altargemälde eines flämischen Meisters. Der Gasthof Oberschaar, einer der ältesten Gasthöfe Sachsens, zeichnet sich durch schöne alte Fachwerkgiebel aus.

Durch das Bobritzschtal verläuft ein sehr romantischer Wanderweg.

Tharandter-Wald-Tourist, Herrndorfer Str. 3, 09600 Niederschöna

www.tharandter-wald.com

www.niederschoena.de

Fremdenverkehrsverband Sächsischer Forst - Tharandter Wald e.V., Talmühlenstr. 11, 01737 Kurort Hartha,

www.kurort-hartha.de

Jagdschloss Grillenburg, Jagdkundliche Lehrschau, Hauptstr. 7, 01737 Kurort Hartha

Touristinformation Tharandt, Kurort Hartha, Talmühlenstr. 11, 01737 Tharandt

Gemeinde Dorfhain, Schulstr. 4, 01738 Dorfhain

Besucherbergwerk "Aurora Erbstolln", 01738 Dorfhain

www.kreide-im-tharandter-wald.de - Beiträge zur Geologie des Tharandter Waldes


Räuber Lips Tullian

Lips Tullian wurde im Jahr 1675 in Straßburg als Elias Erasmus Schönknecht geboren.

Im Jahr 1702 musste er nach einem Duell mit tödlichem Ausgang aus Straßburg fliehen, wo er als Wachtmeister in einem kaiserlichen Dragonerregiment gedient hatte. Nachdem er unter einem Decknamen herumgezogen war und unter anderem in Prag das Räuberhandwerk ausgeübt hatte, kam er 1702 nach Sachsen, wo damals einige Räuberbanden ihrem Gewerbe nachgingen. August der Starke war gerade mit dem Nordischen Krieg beschäftigt und konnte sich deshalb wenig um die schlechte Sicherheitslage auf Sachsens Straßen kümmern.

Lips Tullian war bald das bedeutendste Mitglied der "Schwarzen Garde". Diese Bande besaß einen Unterschlupf im Tharandter Wald - im Tännichtgrund bei Naundorf. Das Beutelager war in der Höhle "Diebeskammer" eingerichtet, von der unterirdische Fluchtwege in den Wald führten. Die von Freiberg nach Dresden - am Tharandter Wald vorbei - führende Silberstraße gewährleistete reiche Beutezüge, doch die Aktivität der Bande beschränkte sich nicht auf diese Gegend.

Einiges Geschirr, das Lips Tullian im Haus von Graf Beichling am Dresdner Altmarkt geraubt hatte, führte zu seiner Entdeckung und schließlich Verhaftung in Leipzig. Im Jahr 1704 gelang ihm jedoch die Flucht aus Dresden, wo er inhaftiert war, über den Festungswall und den zugefrorenen Stadtgraben. Nun weitete er seine Diebeszüge bis nach Thüringen, zum Harz, in die Lausitz und nach Prag aus.

Im Jahr 1705 wurde Lips Tullian wieder in Leipzig verhaftet und zur Zwangsarbeit verurteilt. Mit Hilfe eines Nachschlüssels konnte er aber im Jahr 1710 fliehen. In der Folgezeit plünderte er mit seinen Kumpanen vor allem Kirchen und Häuser in der Gegend von Freiberg bis zum Müglitztal aus. So brachen die Räuber z. B. im Jahr 1710 in die Kirche von Glashütte ein und raubten vieles vom Inventar. Wie die Überlieferungen empört berichten, sollen noch tagelang danach sensationsgierige Gaffer zum Tatort geströmt sein.

Im Tharandter Wald, wo die Bande unter recht primitiven Umständen lebte, dürfte Lips Tullian eher selten zu Gast gewesen sein. Viel lieber lebte er als Kavalier verkleidet angenehm in verschiedenen Städten Sachsens.

Ab 1709 wandte sich August der Starke verstärkt dem Problem der Sicherheit auf Sachsens Straßen zu. Die Kontrollen wurden verstärkt und viele verdächtige (aber meist unschuldige) Personen eingesperrt.

Lips Tullian erregte am Freiberger Stadttor den Verdacht eines Wächters. Diesen erstach er, wurde aber schließlich überwältigt. So kam er im Jahr 1711 in Festungshaft. Im Jahr 1713 entdeckten die Wächter die Ausbruchsvorbereitungen mehrerer Insassen des Gefängnisses. Gewisse Hinweise ließen auf die Rädelsführerschaft Tullians schließen. Nach tagelangen Folterungen und einer Dauerfesselung, die ihn an den Rand des Todes brachte, legte er schließlich ein umfassendes Geständnis ab. Danach wurden in Sachsen viele seiner Mitstreiter und Hehler verhaftet. Weil Lips Tullian acht seiner Kumpane zu einem freiwilligen Geständnis bewegen konnte, erwirkte er für sich die mildere Todesstrafe durch das Schwert anstatt das Rad - was er allerdings nicht dem Gericht, sondern einem königlichen Gnadenerlass Augusts des Starken zu verdanken hatte.

Die Hinrichtung fand im Jahr 1715 unter großem öffentlichen Interesse, d. h. vor etwa 20.000 Zuschauern in Dresden statt. Auch August der Starke war zugegen. Zunächst wurde auf dem Altmarkt das Urteil verlesen, dann wurde Lips Tullian "Auf dem Sande" vor dem Schwarzen Tor Altendresdens nach der Beichte, der Absolution und einer kurzen Ansprache an das Volk, das er zu einem tugendhaften Lebenswandel ermahnte, enthauptet.

Erst im Jahr 1718 konnte die sächsische Justiz die letzten Bandenmitglieder aufspüren und verurteilen. Danach soll das Räuberunwesen in Sachsen deutlich nachgelassen haben. Große Teuerungen und Hungersnöte wie die im Jahr 1719 (während gleichzeitig die pompöse Hochzeit des Kurprinzen gefeiert wurde) sorgten jedoch regelmäßig für eine Wiederbelebung der Straßenräuberei.



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